Rezension

Zwischen Märchen und Legende.

Junge mit schwarzem Hahn -

Junge mit schwarzem Hahn
von Stefanie vor Schulte

Bewertet mit 4 Sternen

Eine Sprache wie naive Kunst: wunderschön.

"Junge mit schwarzem Hahn“, dieser Titel klingt wie der Titel eines Gemäldes und so muss man den Roman auch lesen, inspiriert irgendwie. Die Assoziation zu einem Gemälde wird durch die Figur des Malers unterstützt. Die Handlung ist nicht leicht zu erzählen, darum lasse ich es, man würde sowieso zu viel vorwegnehmen. Es ist ja nicht viel Speck an den circa 200 Seiten im Kleinformat. Das ist kein Vorwurf, die Länge ist für ein modernes Märchen genau richtig.

Was die Autorin gemacht hat, ist originell, aber nicht originell genug, um auch innovativ zu sein, denn das haben schon andere vor ihr gemacht. Sie nimmt diverse Märchenelemente, böse Königin, sprechende Tiere, verschwundene Kinder, böse Ritter und den Guten, der den Fluch löst, dafür leiden muss und eine Probe bestehen muss, die zu meistern aussichtslos erscheint und schließlich belohnt wird.

Stefanie vor der Schulte setzt ihre Geschichte in ein vermeintlich historisches Setting, unwillkürlich denkt man, man sei in die Wirren des Dreißigjährigen Krieges geraten. Aber es gibt keine Zeitangaben. Das Lokal- und Zeitkolorit ist wunderbar gelungen, mit all seinem Elend und den Willkürlichkeiten der Herrschenden. Die Sprache ist poetisch, sehr einfach aussehend, aber sie ist nicht einfach, sondern scheint nur schlicht und diese Schlichtheit widerum ist höchst kunstvoll, die Sprache ist es, die den Roman auszeichnet. Ich habe mich sofort in diese Märchensätze verliebt.  

Die Märchenelemente, neu arrangiert, ergeben eine neue stimmige Geschichte, bleiben aber halt diverse zusammengesetzte Märchenelemente. Das Innovative ist allein die Sprache.

Fazit: Setting und Sprache ergeben für einen Debütroman erstaunliche vier Sterne. Für einen fünften Stern hätten wir ein anderes Ende gebraucht. Auch wenn Märchen in aller Regel gut ausgehen.

 Kategorie: Legende/Märchen/Mythos
Verlag: Diogenes, 2021