Zuviel Inhalt auf zu kleinem Raum
Bewertet mit 2 Sternen
In Reckless wird die Geschichte von Jacob erzählt, der eine Märchenwelt hinter dem Spiegel gefunden hat. Doch eines Tages folgt sein Bruder Will ihm und wird prompt von Goylen (Wesen aus Stein) angegriffen und selbst zu eben jenen.
Jacob versucht nun, die Verwandlung mit der Hilfe von Fuchs und Wills Freundin Clara zu verhindern.
Kaum erschienen wollte ich mir Reckless sofort kaufen, da mir die Gestaltung, der Klappentext und die Leseprobe direkt zusagten. Doch gut, dass ich nicht dazu gekommen bin.
Meine Freundin hat es mir schließlich ausgeliehen und innerhalb von zwei seeeehr langen Tagen hatte ich es durch.
Was jedoch bei diesem Buch auch keine Kunst ist, da es nach Kapiteln öfters leere Seiten gibt (denn neue Kapitel haben immer auf der rechten Seite angefangen) und die Zeichnungen viel Platz wegnehmen. So sind es letztendlich wohl eher weniger als 300 Seiten, wenn man den Text "zusammenschieben" würde.
Cornelia Funke hat in den wenigen Text, der dann noch bleibt, viel zu viel Geschehen gepackt, sodass es eher an einen aneinandergereihte Hetzjagd erinnert.
Die Story und Erzählweise von Funken hat mich jedoch genauso enttäuscht.
Zunächst zur Erzählweise: Funke schreibt hier sehr einfach, keine langen Formulierungen, sondern sehr kurze Sätze, ohne viel ausschmücken. Eben ein anspruchsloser Stil.
Nun zur Story: Eigentlich ist im Buch von einer Märchenwelt die Rede, doch man bekommt eher eine Welt, in der primär Goyle und Menschen leben, die sich gegenseitig bekriegen. Märchen kommen immer nur am Rand vor, wie z.B. dass Jacob der Kaiserin einen gläsernen Schuh gebracht hat, oder aber er fand das Tischlein-deck-dich und sogar das Schloß einer Prinzessin gibt es in dieser Welt.
Das ist leider aber auch alles, was dieses Buch mit Märchen zu tun hat. Außerdem waren es mir zu viele auf einmal. Alle gefühlten drei Sätze wird irgendein Gegenstand aus einem Märchen erwähnt, dass Jacob ihn an dieser oder jener Stelle gefunden hat, wem er ihn verkauft hat und was man mit ihm alles tolles machen kann (eher im Aufzählungsstil).
Die Charaktere sind ebenfalls enttäuschend. Keiner wirkte lebendig, im Gegenteil, sie waren alle oberflächlich und oft auch unsympatisch.
Jacob versinkt im Selbstmitleid und ist nie wirklich fröhlich, kommt so und wegen seiner Art eher unsympatisch rüber. Will ist ein so guter Mensch, dass er dadurch schon wieder dumm wirkt. Er gibt alles und verlangt nichts. Als Goyl ist er, wie seine Artgenossen auch, sehr einseitig. Er kennt keine Gefühle mehr außer Hass.
Fuchs hätte mir von allen am besten gefallen, ist aber genauso schlecht gelungen wie z.B. Clara. Beide sind ebenfalls nur schlecht drauf und folgen einfach Jacob. Wobei Fuchs nicht folgt, sondern Jacob praktischerweise fast immer zu den Orten führt, zu denen er möchte und ihn vor Gefahren warnt.
Kein einziges mal kommt annähernd Spannung auf. Immer, wenn die Protagonisten in Gefahr sind, gibt es jemanden, den Jacob von seinen früheren Schatzsuchen kennt und der ihnen aus der Patsche hilft. Bis zum Ende gibt es auch keinerlei unerwartete Wendungen, von Anfang an weiß man, wie das Buch enden wird.
Am meisten gestört hat mich jedoch, neben den kurzen Sätzen, dass die Figuren immer wieder Selbstgespräche im Kopf führen (kursiv dargestellt) und das nicht gerade selten.
Ich empfehle Reckless nicht weiter. Funke hat versucht ein Jugendbuch zu schreiben, doch herausgekommen ist eher ein Kinderbuch für diejenigen, die ihre ersten Leseerfahrungen machen.
Ein langweiliges Buch ohne Tiefgang, aber mit einer schönen Idee, aus der man viel mehr hätte machen können (z.B. die Hälfte der kurzen Anspielungen auf verschiedenste Märchen weglassen und dafür die verbliebenen ausführlicher beschreiben und viel mehr in die Geschichte einbinden).
Das Ende des Buches könnte man zwar so belassen, jedoch bleibt eine wichtige Frage offen... also gibt es anscheinend eine Fortsetzung. Lesen werde ich sie jedoch nicht.