Rezension

Zu viel angeschnitten, zu wenig Tiefe

Nummer 3 - Nicholas Lake

Nummer 3
von Nicholas Lake

Bewertet mit 2 Sternen

"Ich will nicht sterben", versicherte ich Dad.
"Gut", entgegnete er etwas sanfter. "Es tut mir Leid, Amy. Ich bin wirklich...ich will...ich mache mir Sorgen um dich und diesen Jungen. Er ist viel älter als du. Du glaubst, das spielt keine Rolle, aber es ist wichtig. Außerdem ist dir vielleicht entgangen, dass er ein verdammter Pirat ist."
"Ich glaube doch gar nicht, dass es keine Rolle spielt", entgegnete ich. "Ich denke nämlich überhaupt nichts."
"Richtig", bestätigte er. "Genau das ist das Problem."

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INHALT:
Weil es einige Probleme und Differenzen innerhalb der Familie gibt, beschließt Amys Vater, mit ihr und ihrer Stiefmutter eine fast einjährige Reise auf seiner Yacht zu unternehmen. Doch schon nach kurzer Zeit kommt es zur Katastrophe: Das Schiff wird von Piraten gekapert und die drei als Geiseln gehalten. Trotz der immerwährenden Lebensgefahr und der Brutalität, der sie sich ausgesetzt sieht, freundet sich Amy bald mit dem überraschend sanften Farouz an, der so ganz anders ist als sie es kennt - und sie beginnt schließlich sogar, sich in ihn zu verlieben...

MEINE MEINUNG:

SCHREIBSTIL
"Nummer 3" will eine Geschichte aus der Perspektive eines Teenagers erzählen und das merkt man auch. Der Stil ist an einigen Stellen stark umgangssprachlich und ist gefüllt mit Phrasen wie "Ich will damit sagen" oder "Was ich damit meine" und auch die Dialoge wirken oft platt und unüberlegt. Diese Art der Erzählung hat mich persönlich zwischenzeitlich stark genervt, weil sie aufgesetzt und nervig ist. Zwar ist das Buch ansonsten flüssig und schnell zu lesen, dennoch kam ich bei solchen Formulierungen mehrmals aus dem Fluss, was einfach nicht passieren darf. Nicht alle Jugendlichen sprechen auf diese Weise, auch wenn das vielen Erwachsenen nicht bewusst zu sein scheint - so auch Nicholas Lake nicht.

CHARAKTERE
Amy ist eine schreckliche Protagonistin, mit der ich nur selten warm geworden bin. Sicherlich ist der Tod ihrer Mutter schlimm und ich kann ihre Trauer verstehen - ihr Verhalten anderen Menschen gegenüber jedoch nicht. Abgesehen von den familiären Differenzen hat sie hauptsächlich die Probleme eines weißen reichen Mädchens, keine Ahnung von Armut und weiß nicht mal über die Zustände in Somalia Bescheid. Das nenne ich mal Ignoranz und Naivität! Da gefiel mir Farouz schon deutlich besser. Er ist einfühlsam und ein guter Erzähler, außerdem bringt er Amy endlich mal dazu, nachzudenken, was ansonsten nicht so oft vorzukommen scheint. Die meisten Nebencharaktere bestehen aus Klischees [die verwöhnte Stiefmutter; der Vater, der keine Zeit hat; der eine böse Pirat] insgesamt sind diese jedoch alle in Ordnung und wenn auch nicht originell, dann doch relativ interessant.

STORY
Die Geschichte selbst hätte so gut sein können: Das Thema Piraterie ist eines der schwierigen, und hier hätte mich so vieles so stark interessiert. Manchmal werden diese Aspekte auch gut angeschnitten, wenn Farouz beispielsweise davon erzählt, wie es dazu kam, dass er einer der sogenannten "Küstenwächter" wurde; wenn die Marine versucht, Hilfe zu schicken; oder man die Feindschaft zwischen verschiedenen Gruppierungen der Piraten mitbekommt. Dann jedoch konzentriert sich die Geschichte wieder auf die langweiligen Streitereien innerhalb der Familie oder die unnötige Liebesgeschichte. Ich hatte zwischenzeitlich das Gefühl, dass der Plot in einem Roman für Erwachsene weit besser aufgehoben gewesen wäre, dort wäre vielleicht nicht alles automatisch von einer Romanze erdrückt worden.

UMSETZUNG
Das Schlimme ist vor allem, dass auch hier wieder einiges am Aussehen fest gemacht wird - schon zu Anfang checkt Amy alle Mitreisenden ab, und auch als die Yacht von den Piraten übernommen wird, hat sie nichts besseres zu tun, als Farouz toll zu finden und über Stromstöße zwischen ihnen beiden zu schwärmen. Oftmals kam mir das Ganze einfach unglaubwürdig vor, weil Amy viel mehr Interesse an einer Liebelei als an der eigentlichen Situation zeigt. Es ist zwar nicht unbedingt langweilig, aber durch diese mangelnde Bindung konnte ich auch so gut wie gar nicht mitfühlen - und war nach dem völlig vorhersehbaren Ende eigentlich nur froh, dass es vorbei war.

FAZIT:
Nicholas Lakes "Nummer 3" ist, ich habe es geahnt, nicht mal in Ansätzen ein anständiger Thriller sondern eher ein kleines Jugend-Drama mit einer überaus dummen Protagonistin. Einziger Lichtblick war für mich Love-Interest Farouz, denn dieser hat wenigstens eine Geschichte. Zu vieles wird hier ansonsten angeschnitten und nicht tiefgehend genug ausgeführt - für mich also leider nichts. 2 Punkte!