Rezension

Wortlos

Schallplattensommer -

Schallplattensommer
von Alina Bronsky

Bewertet mit 3.5 Sternen

Alina Bronsky schafft es, mit wenig Worten viel zu sagen - Dieses Buch liest man nicht nur einmal.

Maserati ist es gewohnt, von allen angestarrt zu werden. Als einziges Mädchen im Umkreis von 13 Kilometern aufzuwachsen ist nicht einfach. Sie arbeitet im Imbiss ihrer Oma, serviert tagtäglich Teigtaschen mit Sauerkraut und Pommes mit Ketchup und antwortet auf die immer gleichen Fragen. Ihr eintöniges Leben wird aufgewirbelt, als eine Familie ins Nachbarhaus zieht. Theo und sein Cousin Caspar sind eine willkommene Abwechslung zu ihrem geordneten Leben, doch sie kommen ihrem Geheimnis gefährlich nahe...

„Schallplattensommer“ ist ein Jugendroman von Alina Bronsky. 

Maserati ist ein selbstbewusstes Mädchen mit einem starken Willen und Widerstandskraft. Sie hat ein großes Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Menschen, die sie liebt, allen voran ihrer Großmutter. Das ist umso bemerkenswerter, weil ihre Oma sie, aufgrund innerer Umstände, weder liebt, noch richtig für sie da sein kann. 

 

Caspar und Theo sind ziemlich unterschiedlich. Der eine ist offen und gesprächig, der andere bleibt in seinem Zimmer und hört exzessiv Musik. Es ist interessant Maseratis Umgang mit Gleichaltrigen zu erleben. 

Die Liebesgeschichte ist authentisch und berührend, bleibt jedoch vage und nimmt nur einen kleinen Teil der Handlung ein. 

Das Dorf, in dem Maserati lebt, ist eine wahre Idylle. Der Sommer beginnt und die Natur fängt an zu blühen. Ob wir mit Maserati im See schwimmen oder auf der verlassenen Kirschplantage Früchte für die Marmelade ihrer Oma sammeln, die sommerliche Stimmung ist greifbar und zaubert ein Lächeln auf jedes, vom Winter gezeichnete, Gesicht. 

Alina Bronskys Schreibstil ist unfassbar gut. Mit wenigen Worten spinnt sie eine Geschichte, die eindringlich und dramatisch zugleich ist. Viele Dinge werden nicht ausgesprochen, sondern stehen zwischen den Zeilen. Diese Nüchternheit lenkt den Fokus auf die Handlung und lässt den Leser die Emotionen am eigenen Leib spüren, statt sie ihm aufzudrücken. Situationen entstehen und werden angenommen, ohne als gut oder schlecht bewertet zu werden. Außerdem wird niemandem die alleinige Schuld an einer Situation zugewiesen, der Ausgangszustand ist ein Produkt der Handlungen sämtlicher beteiligter Parteien. 

Der Twist der Geschichte wurde immer wieder angedeutet und Stück für Stück eingeleitet, bis schließlich alle Puzzleteile an ihrem Platz fallen. Zurück bleibt eine bekannte Geschichte aus ungewohnter Perspektive, die ein wenig überraschendes und gleichzeitig erschreckendes Licht auf unsere Gesellschaft wirft. Am Ende gibt es eine weitere Wendung, die den Love Interest betrifft. Diese empfinde ich jedoch als zu konstruiert und der Einfluss auf den Handlungsverlauf ist nur gering. 

„Schallplattensommer“ ist eine eindringliche Geschichte mit sommerlicher Atmosphäre und berührender Tiefe. Dieses Buch liest man nicht nur einmal.