Rezension

Wichtiges Thema – nicht ganz überzeugend umgesetzt

Die Nachricht
von Doris Knecht

Bewertet mit 3 Sternen

Interessant in Doris Knechts neuem Roman ist schon der Ansatz, dass eine Best-Ager-Frau von Cyber-Mobbing/-Stalking betroffen ist und keine Jugendliche. Aber schließlich passiert das auch erwachsenen Menschen, was aber auch nur sehr selten thematisiert wird – umso wichtiger sind solche Bücher.
Aufgeteilt ist das Buch in oft sehr kurze Kapitel, die es mir anfangs etwas schwer machten, richtig in den Lesefluss zu kommen. Recht bald war ich dann aber drin und das Buch las sich insgesamt flüssig und gut.
Die Ich-Erzählerin Ruth ist noch damit beschäftigt, ihr Leben nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes neu zu ordnen, als sie anonyme Nachrichten über das Internet erreichen. Der Absender weiß viel über sie, beschimpft sie, droht ihr und ihrer Familie.
Ruth scheint eine durchaus komplexe Person zu sein, über die man aber nur Bruchstücke erfährt. Ihre Familiensituation, ihr Job, ihr Leben als Witwe in einem abweisenden Dorf, ihre Freunde – das alles hat viel Potential, wird aber oft nur gestreift. Sie bleibt schwer greifbar. Wie Ruth beschrieben wird, lässt sie oft unsympathisch erscheinen. Letzteres wohl ein Kniff der Autorin, um nicht Gefahr zu lassen, dass Ruth nur als Opfer oder gar hilflos erscheint – das passiert jedenfalls nicht. Vielleicht hätte man das aber auch anders lösen können.
Auch der Umgang der Protagonistin mit der Situation bleibt manchmal etwas oberflächlich. Mögliche Lösungen wie der Gang zur Polizei, zur Rechtsberatung, zu Hackern, das Blockieren von fremden Nachrichten werden nie wirklich in Betracht gezogen. Ich hatte nicht das Gefühl wirklich zu wissen, was die anonymen Nachrichten mit ihr machen. Das ist einerseits vielleicht realistisch, da viele Betroffene, eine solche Situation eher mit sich selbst ausmachen, aber in dieser fiktiven Umsetzung auch etwas schade.
Ganz konnte mich das Buch mit seinen guten, neuen Ansätzen also leider nicht überzeugen, dennoch ist der Autorin zu gute zu halten, dass sie ein wichtiges, wenig thematisiertes heißes Eisen anpackt.