Rezension

Wichtiges Anliegen in plumper Verpackung

Drei Kameradinnen -

Drei Kameradinnen
von Shida Bazyar

Bewertet mit 2 Sternen

Also gut, es ist wohl gerade heute angebracht und leider auch nötig, sich gegen rassistische Tendenzen in Deutschland aufzulehnen. Das ist das Anliegen dieses Buches und so gesehen ist es auch ein wichtiges Buch, nur ist die Präsentation dieses Anliegens ausgesprochen Geschmackssache.

Hier blickt man in den Alltag dreier junger Frauen mit unbestimmtem Migrationshintergrund, die Kameradinnen sind seit der Kindheit, einer Kindheit in Deutschland, wo sie schon immer ausgegrenzt und in Schubladen gesteckt wurden. Das schweißt zusammen, sie sind noch heute Freundinnen und stehen einander bei.

Das hätte mir von der Grundidee her gefallen können, wären diese jungen Frauen nicht so durch und durch typische junge Frauen, frisch der Schule entschlüpft, ihre neue Freiheit genießend, Partys, Männer (fast noch Jungs), Alkohol, Tanzen, lachen, Sachen machen und zwischendrin die Welt beschimpfend. Die Mitbewohner, die Liebhaber oder auch Ex-Liebhaber, WG-Treffen, Kneipenzüge und was-ziehe-ich-an-zur-Hochzeit sind Thema, neben Erinnerungen an gemeinsame Kindheitserlebnisse, wobei natürlich immer wieder rassistische oder misogyne Ausfälle zu beobachten sein, was mir herzlich leidtut. Die Szenerie langweilt dennoch in ihrer Pauschalität. Da sind junge Frauen, bewusst in Klischeerollen gefasst, die tun, was junge Frauen so tun und denken, was junge Frauen so denken. Weder der Erzählstil, noch die Charaktere, noch die Handlung holen das Geschehen aus der Beliebigkeit.

Als einziges markantes Stilmittel beschimpft Kasih, die Erzählerin, die Welt, den Leser, Deutschland und alle Nazis da draußen. Sie ist wütend, zu Recht, ich wäre es auch, deswegen sind trotzdem nicht alle Deutschen Nazis und die Menschen, die ihr Buch lesen mutmaßlich am wenigsten. Das ist eine sehr plumpe Methode, auf Missstände hinzuweisen und stößt eher ab als dass es berührt.

Leserbashing als Stilmittel mag originell sein, kostet diesem Buch aber den dritten Stern. Das Ansinnen dieses Buches ist gut und wichtig, nur macht guter Wille noch kein gutes Buch.

Kommentare

Emswashed kommentierte am 23. Mai 2021 um 09:54

Wow, die Überschrift gefällt mir außerordentlich! Und die Argumentation dahinter natürlich auch.

gst kommentierte am 23. Mai 2021 um 10:59

Gelungen ausgedrückt: Guter Wille macht noch kein gutes Buch.

Mir steht die Lektüre noch bevor. Da ich auch schon positive Rezensionen gelesen habe, werde ich mich trotz allen Widerwillens noch dranwagen.

wandagreen kommentierte am 23. Mai 2021 um 12:08

Wenn es doch nur literarisch etwas mehr Gehalt gehabt hätte!