Rezension

Wer hat Schuld?

Wer das Feuer entfacht - Keine Tat ist je vergessen
von Paula Hawkins

Bewertet mit 4 Sternen

An sich spannend und mitziehend. Hier und da wegen den vielen Protagonisten etwas verwirrend.

Auf dem Hausboot wird die Leiche von Daniel gefunden.  Wer könnte ein Motiv gehabt haben? Miriam die gleich das Hausboot neben Daniel hat und die Polizei rief? Oder Laura die kurz vor seinem Tod bei ihm Nachts auf dem Hausboot blieb? Irene die etwas beobachtet hat? Oder Theo und Angela die mehr mit Daniel zu tun hatten als ihnen lieb ist?

"Sie glaubte, dass sie ihre Geschichte jemand Integerem anvertraute, einem Menschen mit gutem Charakter, und entblößte ihre Seele stattdessen einem Scharlatan, einem menschlichen Raubtier. Man hätte meinen sollen, dass sie Raubtiere inzwischen erkennen würde". (Seite 146)

Der dritte Roman von Paula Hawkins, ich habe ihr Debüt "Girl on the train" verschlungen gehabt und war auch hier ziemlich neugierig. Die Autorin hat noch immer Biss und kann mich mitziehen, aber das ein oder andere blieb dann doch, etwas, auf der Strecke.

Der Schreibstil ist bei der Autorin so erstaunlich ruhig. Sie baut so gekonnt und fast gemein eine Spannung ein die einen plötzlich packt und nicht mehr los lässt. Man denkt - jetzt habe ich die Lösung, hier passiert nicht mehr viel und dann endet ein Kapitel mit einem Bogen der einen schon fast zwingt weiterlesen zu müssen.

Etwas schwierig war es für mich die Leute, gerade zu Beginn, auseinanderzuhalten. Die Karte im vorderen Teil des Buches ist eine grosse Hilfe. Aber hier und da musste ich doch überlegen und nochmals nachschauen. Denn alle haben auf irgendeiner Weise miteinander zu tun und werden es ohne es anfangs zu ahnen.

Miriam lebt neben Daniel und hat so ihre Geheimnisse. Miriam hat Schreckliches erlebt und versucht es weiterhin zu verarbeiten, es gibt immer wieder Rückblicke die ihren Zugang zum Gesamtbild finden. War sie es?

Theo und Angela haben eine gemeinsame Vergangenheit, auch diese wird hier beleuchtet und lässt den Verdacht auf sie fallen. Theo ist eh ein ganz gerissener Hund und hat ebenso seine Geheimnisse wie Angela. Könnten sie Daniel getötet haben?

Laura ist in ihrem jungen Leben von vielem nicht verschont geblieben, sie durchleidet viel, kommt mit ihrem Leben nicht klar. Ein Ereignis aus ihrer Kindheit hat sie alles von vorne beginnen lassen. War sie wütend auf Daniel?

Irene ist die Älteste in diesem Bunde, hat mit dem ein oder anderen Protagonisten in dieser Geschichte zu tun, weiss auch gewisse Dinge die sie beobachtet hat. Was könnte sie über Daniel erfahren haben?

Und genauso arbeitet die Autorin. Zu Beginn gibt es viele Fäden die für sich stehen, so scheint es. Diese werden von ihr aber gekonnt und spannend zusammengeführt. Und langsam entwickelt sich ein Bild was sich aber ständig ändert, bis zum Ende hin. Und selbst da hat mich die Unsicherheit nicht verlassen. Das ist wieder ein Punkt den man bei ihren Büchern mögen muss, sonst führt es zu Unzufriedenheit.

Was ich mir gewünscht hätte- mehr über Daniel zu erfahren. Denn dieser blieb komplett auf der Strecke. Es gibt viele Andeutungen, Zweifel und Möglichkeiten für Zugeständnisse die aber nicht ganz aufgeklärt werden. Das hat mich etwas gestört, dass dieser so im Dunkeln geblieben ist.

Paula Hawkins schreibt und arbeitet doch aussergewöhnlich in ihren Romanen, man muss diesen Stil und das was geschieht auch mögen und sich einlassen können, dann entwickelt sich ihr Buch zu einem kleinen Highlight.