Rezension

Wenn man es über den Anfang hinweg schafft, wird man mit sehr viel Gefühl belohnt

Between Your Words
von Emma Scott

Bewertet mit 4.5 Sternen

Triggerwarnung: Missbrauch, Trauer, Traumata!

 

 

Jim glaubt nicht daran, jemals glücklich zu werden. Glück gibt es nicht für ihn. Er weiß es. Bislang war es noch jedes Mal so, dass er, kaum dachte er, er sei glücklich, dieses Glück direkt wieder zu Asche werden sah. Er existiert. Und jetzt beginnt er einen neuen Job in einem Heim für Menschen mit bleibenden Gehirnschäden. Dort begegnet er Thea und sie stellt seine Welt auf den Kopf. Aber Thea ist nicht einfach nur eine wunderschöne Frau und begabte Künstlerin, nein, Thea leidet an der schlimmsten Form von Amnesie. Sie hat 5 Minuten und nach diesen 5 Minuten ist alles was davor war weg. Ausgelöscht. Bekommt sie das überhaupt mit? Weiß sie, was mit ihr geschieht? Niemand weiß es. Und obwohl Jim weiß, dass es für sie niemals eine gemeinsame Zukunft oder überhaupt ein „uns“ geben kann, ist Thea seine Welt, auch wenn sie alle 5 Minuten vergisst, dass es ihn gibt.

 

 

Dieses Buch ist außergewöhnlich, aber nicht eben einfach. Es ist wirklich beeindruckend, wie Emma Scott Theas Zustand eingefangen hat, wie sie ihn uns näher bringt und Einblicke in Theas Welt ermöglicht. Es ist erschreckend und man ist sofort erfüllt von Mitgefühl. Thea ist so sympathisch und man will für sie einfach nur das Beste und ein Happy End. Aber wie soll das mit ihrer Amnesie jemals möglich werden?

 

Jim war mir noch sympathischer als Thea. Er hat in seiner Kindheit und Jugend so extrem viel gelitten. Er hat mir so oft das Herz gebrochen und natürlich musste ausgerechnet ihm das passieren, sich in eine Frau zu verlieben, die alle 5 Minuten ihr Gedächtnis verliert. Aber das bringt Jim nicht dazu sich von ihr abzuwenden. Ja, ihm blutet das Herz für sie – für sie, nicht für ihn selbst. Er will, dass Thea wieder sie selbst sein kann, aber nicht, weil er sich Chancen ausrechnet, sondern weil er will, dass sie glücklich ist.

Jim ist ein grundguter Mann. Er ist so sanft und fürsorglich. Er fühlt mit Thea und ist mehr als einmal bereit, absolut alles für sie zu riskieren. Sie ist alles für ihn, dabei hat er nur immer wieder 5 Minuten, um sie kennenzulernen. 

 

Mir haben die Wendungen sehr gut gefallen. Ich konnte sie zwar fast alle vorhersehen, aber ich fand sie trotzdem sehr, sehr gut und passend für die Geschichte.

 

Was mir nicht so gut gefallen hat war Delia, Theas Schwester. Einerseits kann ich sie verstehen. Thea ist alles, was sie noch hat und sie musste mit allem ganz allein fertig werden, aber die Art wie sie Thea behandelt geht einfach gar nicht. Wie Jim einmal richtig feststellt: sie sieht sie nicht. Vielleicht sind sie einfach zu verschieden, oder Delia auf ihre Art zu traumatisiert und verbittert, um es zu sehen, aber sie hat mich so oft so extrem aufgeregt, dass ich sie gern erwürgt hätte. Manchmal glaube ich, dass sie wirklich das Beste für Thea will, dann wieder kommt es einem fast wie Rache vor. Man wird aus ihr einfach nicht wirklich schlau. Und die Art wie sie Jim behandelt, hat mehrfach Gewaltfantasien in mir ausgelöst. Auch hier, einerseits kann ich sie verstehen, andererseits scheint sie von Anfang an extreme Vorurteile zu haben, weil Jim eben „nur“ ein Hilfspfleger ist. Ich frage mich die ganze Zeit, ob sie ihn, vielleicht auch unterbewusst, einfach für nicht gut genug hält.

 

Was mich ebenfalls gestört hat ist der erste Teil, also der Anfang des ersten Teils, bis zum „schwarzen New York“. Ich muss hier so kryptisch bleiben, ich will niemanden spoilern. Ja, es gehört zum Krankheitsbild, aber mir waren es einfach zu viele Wiederholungen. Einfach alles hat sich wiederholt. Nicht nur Theas Gespräche, oder ihr Tagesablauf, sondern auch Delias Attacken. Immer und immer wieder das gleiche. Mir war es einfach zu viel. Obwohl ich, wie gesagt weiß und verstehe, warum.

 

 

Fazit: Mit hat das Buch wirklich sehr gut gefallen. Ich mochte die Protagonisten sehr und das Buch hat mich auch bewegt, allerdings nicht von Anfang an. Ich habe mich bis zum „schwarzen New York“ schwergetan, bei der Stange zu bleiben und nicht getragen von den vielen Wiederholungen wegzudriften. Ja, sie gehören zum Krankheitsbild, aber das ist nur die Ausrede für Thea. Es wiederholen sich auch diverse andere Dinge sehr, sehr oft und mir war das einfach zu viel.

Was mich außerdem gestört hat, war Delia, Theas Schwester. Ich kann sie teilweise durchaus verstehen und hatte auch Mitleid mit ihr, aber manchmal erscheint sie mir einfach bösartig. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie viel davon Liebe, Sorge und Trauma ist und wie viel Rache.

 

Die Beschreibung und Darstellung von Theas Krankheit fand ich mega, ebenso wie das Gefühl, das mich vor allem ab dem zweiten Teil so richtig gepackt hat.

 

Von mir bekommt das Buch 4,5 Sterne.