Rezension

Was wir sehen — und lieber nicht sehen wollen

Eine redliche Lüge
von Husch Josten

Bewertet mit 4 Sternen

Meine Meinung und Inhalt

So schön wie das Cover von "Eine redliche Lüge" ist auch die präzise, bildhafte, mitunter ironische Sprache, die mir ein tolles Leseerlebnis geboten hat.

Der Roman wagt einen den Sprung in die Zukunft und landet im Jahr 2051. Die Erzählerin – eine Schriftstellerin namens Elise – blickt auf den Sommer 2019 zurück. Der letzte Sommer vor Corona, wie die Erzählerin betont, als gesellschaftliche Treffen noch uneingeschränkt möglich waren und bevor es die ersten Kontaktbeschränkungen gab. Für jeden Leser aktuell ein aktuelles Thema, das jeder nachempfinden kann. Ebenso für die Protagonistin. Josten beschäftigt sich mit komplexen Themen und Sachverhalten, die sie in lesenswerte Literatur umsetzt. Ein unterhaltsames und kluges Buch, das die Fragen der Gegenwart aufwirft.

Einen Sommer lang arbeitet Elise für das gesellige Paar Margaux und Philippe in deren Ferienhaus in der Normandie. Fasziniert von den vielen illustren Gästen in der Domaine de Tourgéville, vom Leben, Wesen und der Ehe der Leclercs, wird die junge Frau zur eindringlichen Beobachterin von Sein und Schein. Sie erlebt ein Panoptikum der menschlichen Täuschungen, begreift, dass das Streben nach Glück und die Bereitschaft zum Betrug zwei Seiten derselben Medaille sind. Eines Abends jedoch wird die Gelassenheit dieses Sommers jäh und derart umfassend erschüttert, dass es auch Elises Leben für immer prägt.

 

 

Die 1969 in Köln geborene Schriftstellerin Husch Josten ist ein literarischer Tausendsassa. Ausgestattet mit Studienabschlüssen in Geschichte und Staatsrecht volontierte sie als Journalistin in Paris. Die Arbeitswelt führte sie zurück nach Köln, Paris und weiter nach London. In dieser Zeit schrieb Husch Josten für Magazine und Tageszeitschriften. Als sie 42 Jahre alt war, erschien ihr erster Roman. „In Sachen Joseph“ ist eine Geschichte von enger Freundschaft, die durch witzige Sprache und ironisch verpackte Beobachtungen überzeugt. Die gefühlvoll erzählte Prosa war für den aspekte-Literaturpreis des ZDF nominiert. Es folgte 2012 der Roman „Das Glück von Frau Pfeiffer“. Ein Jahr später veröffentlichte der Verlag bup den Kurzgeschichtenband „Fragen Sie nach Fritz“. Im Roman „Der tadellose Herr Taft“ (2014) erzählt Husch Josten die kuriose Geschichte eines verzweifelten Mannes, der seine scheinbar ausweglose Situation in eine kometenhafte Karriere verwandelt. Der 2017 erschienene Roman „Hier sind Drachen“ spiegelt das ambitionierte Leben der emanzipierten Caren wider, die zwischen Jetset und selbstbestimmtem Dasein ihre eigenen Abgründe verkennt. In „Land sehen“ (2018) widmet sie sich, wie gewohnt leichtfüßig und tiefgründig zugleich, dem Ringen um ewige Fragen. Die Autorin reist gern, wohnt und arbeitet in ihrer Heimatstadt Köln.