Rezension

Was ändern 30 Tage im Leben...

30 Tage und ein ganzes Leben
von Ashley Ream

Bewertet mit 4 Sternen

Eine egozentrische Künstlerin kämpft sich durch.

Clementine ist krank und am Rande der Verzweiflung. Sie will sterben. Sie tut nur noch Verrücktes, da ihre moralischen Grenzen durch ihre Entscheidung, sich das Leben zu nehmen, verschwinden. Ihre neu gewonnene Freiheit lässt sie zu äußerst ehrlichen Handlungen verleiten. Dinge, die keine Konsequenzen mehr haben würden. Eine Künstlerin lebt eben so wie sie will – zumindest die nächsten 30 Tage, aber dann ist Schluss.

Clementines Charakter ist sehr originell. Ihre Sichtweise und ihre Sprüche sind witzig und ihre Fürsorge rührend, wie sie sich unter anderem um ihren Kater Chuckles kümmert. Und es geht ihr „fantabulös“, auch wenn bereits der selbst gesetzte Countdown läuft: 30 Tage.

Während Clementine mit voller Kraft ihr Ableben organisiert, scheint sie intensiver zu leben, als je zuvor. Durch ihre Taten erlangt sie eine nahezu grenzenlose Freiheit. Sie handelt dabei niemals unmoralisch, nur spontan, ohne Rücksicht auf Verluste. Selbst ihr Appetit spricht nicht dafür, dass sie tatsächlich lebensmüde wäre. Ihre – an Fressorgien grenzende und Fast-Food-lästige – Essensgewohnheiten sind meistens an der Grenze des guten Geschmacks.

Clementine verabschiedet ihre Medikamente und mit dieser Tat beginnt langsam (und für sie unbemerkbar) ihre Heilung. Kurz darauf stellt sie verwundert fest: „Dinge, von denen ich dachte, ich würde sie mögen, waren so viel besser, als ich sie in Erinnerung hatte.“

Aus Lesers Sicht ist die Hoffnung durchgehend spürbar, und die heilende Wirkung des Loslassens ist allgegenwertig. Die schmerzhaften Erfahrungen und die alltägliche Enttäuschung werden ironisch kommentiert und dieser Unterton gibt der Geschichte Würze. Viele Szenen werden sogar von einer bitteren Bösartigkeit beherrscht, wobei es sich vorwiegend um Schadenfreude handelt, nachdem der Protagonistin nahezu alles egal ist.

Das abrupte Ende wirkt weniger schockierend, das ist die Erlösung. Schließlich ist allen – bis auf die Hauptfigur, Clementine – schon längst klar, dass es in der Geschichte nicht ums Sterben, sondern ums Leben geht. Eine eher ruhige, keinesfalls überwältigende Lektüre.