Rezension

War es wirklich Selbstmord?

Bonuskind -

Bonuskind
von Saskia Noort

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nach der Scheidung ihrer Eltern leben Lies und Luuk abwechselnd bei beiden Elternteilen. Während der Vater eine neue Beziehung zu Laura eingegangen ist, lebt Jet ausschließlich für ihre Kinder und versinkt oft in Depressionen, wenn diese bei ihrem Exmann sind. Da auch sie sich nach Berührungen und Sex sehnt, geht sie heimlich eine toxische Beziehung mit God ein, dem sie mehr und mehr verfällt. Als Jet eines Morgens plötzlich verschwunden ist und wenig später in einer Ferienhausanlage tot aufgefunden wird, glauben alle an einen Selbstmord. Lies jedoch ist der Ansicht, dass ihre Mutter sie niemals im Stich gelassen hätte und beschließt, selbst nach dem Mörder ihrer Mutter zu suchen. Danach helfen ihr die Aufzeichnungen, die Jet auf ihrem Laptop hinterlassen hat ....

Saskia Noort hat mit  "Bonuskind" einen emotionalen Thriller über eine zerrüttete Familie und eine toxische Beziehung geschrieben, der die Leser*Innen tief berührt und betroffen zurücklässt.

Bemerkenswert ist dabei der fesselnde Schreibstil der Autorin, der mich - nach einem ersten "Einlesen" -  tief in die Geschichte hineinzog und mich mitleiden und mitfiebern ließ. Dabei scheut Noort nicht zurück vor der Verwendung von Jugendsprache bei Lies (ich gebe zu, dass ich einige Wörter, wie z. B. "cringe" erst googlen musste) und der detailreichen, oftmals groben Beschreibung pikanter Sexszenen und Fotos in Jets Niederschriften ihrer Treffen mit God. Beides habe ich jedoch nicht als negativ bewertet, da es absolut authentisch ist und die Schilderung glaubwürdig macht.

Der Thriller beginnt quasi mit dem Tod von Jet - und Lies rollt durch ihr Nachlesen der Tagebucheinträge die Geschichte quasi von hinten her auf; ihre Schilderungen der Gegenwart wechseln sich ab mit den Rückblicken in den Dokumentationen. Zum leichteren Verständnis sind diese kursiv gedruckt. Dem Leser wird es so ermöglicht, tief in die Gefühlswelt dieser beiden Protagonisten einzutauchen und ihre Gedanken und Gefühle nachzuvollziehen. God wird immer mehr zum geheimnisvollen, aber auch gefährlichen Fremden und Lies`Wunsch, ihn zu überführen, ist absolut greifbar. Die Spannungskurve zieht sich von Anfang bis Ende und macht das Buch zu einem wahren Pageturner. Lediglich dem überraschenden Ende, der für mich etwas zu schnell und lieblos angehandelt wurde, stehe ich kritisch gegenüber; es wurden jedoch alle Stränge befriedigend abgeschlossen.

Die Figuren sind authentisch und nachvollziehbar gezeichnet. Dabei ist die 15jährige Lies einerseits eine Pubertierende, die erste Erfahrungen in der Liebe macht, andererseits aber auch sehr reif ist durch ihre Rolle zwischen den streitenden Eltern, was sie stark macht. Die teilweise nicht ganz gescheiten Handlungen Jets sind nachvollziehbar und begründet. Diese Charaktere überzeugten mich total; aber auch die weiteren Figuren erschienen wie aus dem Leben gegriffen und einfühlsam charakterisiert.

Dies war mein erstes Buch von der in den Niederlanden sehr erfolgreichen Autorin Saskia Noort und es wird nicht mein letztes sein. Ich vergebe 4-Sterne-plus.