Rezension

Von Monstern im Kopf – eine fesselnde Geschichte zwischen Klinikalltag und Gedankenrodeo, welches jedem, der selbst schon einmal Monster im Kopf beherbergte, aus dem Herzen spricht.

Drüberleben
von Kathrin Weßling

Bewertet mit 4 Sternen

~~Rezension:

Schon seit langer Zeit lese ich immer wieder auf Kathrin Weßlings Blog mit, auf dem sie in poetischen Worten von ihrem Leben mit Depressionen berichtet. Ich mag es, wie sie mit Worten spielt und dabei die Wahrheit so treffend auf den Punkt bringt – so war es nur eine Frage der Zeit (okay… fast 3 Jahre – aber immerhin), bis ich ihren Debütroman „Drüberleben: Depressionen sind doch kein Grund, um traurig zu sein“ endlich zu lesen begann.

Schon der erste Satz, „Ich bin ein menschlicher Verkehrsunfall.“, schlägt ein wie eine Bombe – ein Satz, den jeder, der das Monster ‚Depression‘ schon einmal im eigenen Kopf wohnen hatte, sofort unterschreiben wird. Wenn die Depression da ist, geht sie selten von alleine wieder weg und oft führt der Weg dann in die ‚Klinik‘ – die ‚Klapse‘ – Endstation Psychiatrie.

Genau das erlebt Protagonistin Ida, 24, bereits zum dritten Mal. Mit einer schweren depressiven Episode im Gepäck ringt sie sich dazu durch, ihre vermüllte Wohnung, die ihrem Leben gleicht, zu verlassen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ich denke, Ida ist eine Person, die man hasst oder mit der man sich durch und durch identifizieren kann. Sie ist sarkastisch, genervt und chronisch wütend – das Resultat eines einzigen Gedankens: „Warum ich!?“ – ein Gedanke, der sich wahrscheinlich jedem Betroffenen regelmäßig aufdrängt.

Wie sich der Verlauf der Geschichte gestaltet, klingt auf den ersten Blick sehr langweilig – man verbringt mit Ida einen Teil ihrer Zeit in der Klinik – einem Alltag zwischen Therapie, Gruppenstunden, Essen, Rumsitzen und Schlaf. Während die Klinikanekdoten teils ein Schmunzeln hervorrufen, steht das, was in Idas Kopf vorgeht, im Vordergrund. Sie erinnert sich zurück an ihre Jugend, die von einem großen Verlust geprägt wurde, setzt sich mit der Therapie und ihren Mitpatienten auseinander

Ihren sarkastischen, teils witzigen, aber vor allem ernsten Gedankengängen zu lauschen erfreut und fesselt das melancholische Leserherz, vorausgesetzt, man ist so stabil, dass man sich nicht so leicht runterziehen lässt. Und trotz der überschaubaren Abwechslung und des allgegenwärtigen negativen Untertons bemerkt man vor allem am Ende des Buches, dass eine Therapie still und heimlich doch zu einem Umdenken führen kann.