Rezension

Vom kleinen sozialen Aufstieg - ein echter Gavalda

Nur wer fällt, lernt fliegen - Anna Gavalda

Nur wer fällt, lernt fliegen
von Anna Gavalda

Bewertet mit 5 Sternen

Anna Gavalda ist auf dem besten Wege zu meinen Lieblingsschriftstellern zu avancieren, nach ihrem Bestseller "Zusammen ist man weniger allein" wartet auch "Nur wer fällt, lernt fliegen" mit viel französischem Flair auf.

Aus dem Sumpf der Morilles zieht Franck Muller die halbwüchsige Billie Morilles, als er sie anlässlich der Schulaufgabe, einen Dialog aus dem klassischen Stück „Denn man spielt nicht mit der Liebe“ von Alfred de Musset, vorzutragen, seiner Aufmerksamkeit für würdig erachtet und vor allem gegenüber der Aussenwelt in Form der Autorität der Lehrerin, klarmacht, dass es selbstverständlich ist, ihr Wertschätzung und Achtung entgegen zu bringen und dass ihre Meinung gilt. Von da an ist Franck Billies Held. Seit kurzem erst hat sie im Unterricht gelernt, wie man ihre missliche Lage benennt, das, was sie von ihren Mitschülern unterscheidet: sie gehört zum Prekariat. Dass sie nun ein Wort hat für diesen Umstand, hilft erst mal nicht weiter, aber Franck schon, er ist ein Lichtblick. Dabei hat auch Franck es nicht leicht.

Die Geschichte dieser beiden Protagonisten, die unterschiedlicher nicht sein könnte, wird von Anna Gavalda in gewohnter Manier mit Ironie und einigen unterhaltsamen unerwarteten Schlenkern erzählt. Natürlich landen sie in Paris. Natürlich sind sie liebenswert. Natürlich will man sie ans Herz drücken.

Dass dieses Büchlein mich doch noch ganz einfangen konnte, obwohl ich ganz was anderes erwartete, nämlich eine Abenteuergeschichte von zwei in einer Felsspalte fest Sitzenden, die um ihr Leben kämpfen, und die in so schnoddriger Weise angezählt wird, so dass ich erst einmal gar nicht verstand, um was es geht, sagt einiges aus. Anna Gavalda fängt das Milieu der Billie recht gut ein und im Laufe der Erzählung entwickelt sich reichlich Charme, der spröde von Billie und der eloquente der Autorin.

Anna Gavaldas „Nur wer fällt, lernt fliegen, ist eine nette Gute-Nacht-Geschichte über einen kleinen sozialen Aufstieg. Dass es die Geschichte eines kleinen Aufstiegs ist, macht sie wirklichkeitsnah, so dass man die weniger wirklichkeitsnahen Elemente als lustige Einfälle der Autorin verbuchen kann und keinen Anstoß nimmt. Ein dickes Lob geht auch an die Übersetzung von Ina Kronenberger, die die Schnoddrigkeit der Billie ins Deutsche transportierte.

Fazit: Sollte man zum Liebhaben auf dem Nachttisch haben.

Kommentare

LySch kommentierte am 13. Februar 2018 um 09:48

Ohh, Wanda! Hätte ich gar nicht gedacht, dass in dir ein Gavalda-Fan schlummert! :)

Ich kenne fast alle Bücher von ihr und mag diesen Schreibstil sooo gern!

Emswashed kommentierte am 13. Februar 2018 um 14:36

Ich hänge noch ein wenig im Sumpfsatz fest und überlege, welches Wort da fehlt.

Vor Gavalda schrecke ich noch ein wenig zurück, lasse mich aber gerne von euch überreden.

wandagreen kommentierte am 13. Februar 2018 um 18:17

Wenn du noch nichts von ihr kennst, dann beginne NICHT mit diesem hier! Sondern mit "Zusammen ist man weniger allein."

LySch kommentierte am 13. Februar 2018 um 18:37

Ohja, "Zusammen ist man weniger allein" ist wunderschön! :)
Wenn dich die Dicke des Buches zum Ausprobieren abschrecken sollte, kann ich dir auch "Ein geschenkter Tag" sehr empfehlen! :)

Emswashed kommentierte am 13. Februar 2018 um 20:33

Nicht die dicken Bücher, eher die weichgezeichneten Cover schrecken mich.

wandagreen kommentierte am 13. Februar 2018 um 18:19

Sumpfsatz: Die Morilles sind halt, äh, Prekariat. Sie leben sumpfig.

Emswashed kommentierte am 13. Februar 2018 um 20:32

Den Sumpf habe ich schon richtig verstanden, aber in dem Satz fehlt, glaube ich, ein Verb, oder?

wandagreen kommentierte am 13. Februar 2018 um 23:01

Da fehlt nix, aber der Satz ist kompliziert: Ich vereinfache ihn mal, in dem ich alle Attribute weglasse:

Aus dem Sumpf der Morilles zieht Franck Muller die halbwüchsige Billie Morilles, als er sie seiner Aufmerksamkeit für würdig erachtet und klarmacht, dass es selbstverständlich ist, ihr Wertschätzung und Achtung entgegen zu bringen und dass ihre Meinung gilt.

Wann und warum erachtet er sie seiner Aufmerksamkeit würdig? anlässlich der Schulaufgabe (blabla), einen Dialog vorzutragen.

 Eigentlich kann man einen ganzen Roman in nur einem Satz schreiben. Bestimmt gibt es das schon. Es gibt ja auch Bücher ohne bestimmte Vokale.