Rezension

Vier Frauen im isländischen Winter

Ganze Tage im Café - Sólveig Jónsdóttir

Ganze Tage im Café
von Sólveig Jónsdóttir

Bewertet mit 3 Sternen

Vier Frauen mit vier Geschichten. Jede scheitert auf ihre eigene Weise, verliebt sich in einen Mann, den sie nicht haben kann, ist beruflich am Ende, verliert einen geliebten Menschen oder sieht, wie ihre eigene Ehe scheitert. Jede geht anders mit ihren Schicksalsschlägen um, während die eine sich zu Hause verkriecht, macht die andere die Nacht zum Tag und wacht morgens nur selten in ihrem eigenen Bett auf. Schicksalhafte Begegnungen und ein bisschen Glück sorgen dafür, dass sie alle ihre Ziele noch einmal überdenken und feststellen, dass das Leben nicht nur einen möglichen Verlauf hat sondern dass es manchmal noch einen anderen Weg gibt, um zufrieden und glücklich zu werden.

Hervör ist verliebt in ihren Professor, der sie immer wieder hin hält und den sie nie so ganz für sich hat. Trotzdem opfert sie sich für ihn auf, genießt die Zweisamkeit, bis er ihre Affäre beendet, weil er sich in eine andere Frau verliebt hat. Für sie bricht eine Welt zusammen und sie stürzt sich in die Arbeit in einem Café, wo sie zumindest Trost bei ihrem Kollegen findet und sich am Umgang mit ihren Kunden erfreut.

Silja ist Ärztin und nicht nur beruflich erfolgreich sondern hat auch schon in jungen Jahren geheiratet. Eigentlich scheint ihr Leben perfekt zu sein, bis sie eines Morgens nach dem Nachtdienst nach Hause kommt und einer Frau begegnet, die sich gerade aus dem Schlafzimmer ihres Mannes schleicht. Sie hätte ahnen können, dass er ihr nicht treu ist und doch hat sie die Augen verschlossen. Gerade, als sie darüber nachdenkt, ob ihr Leben so überhaupt einen Sinn hat begegnet sie Liam, einem chaotischen Engländer, der sie mit seinem Enthusiasmus ansteckt und ihr neue Hoffnung gibt.

Karen ist bei ihren Großeltern aufgewachsen, weil ihre Eltern sie früh im Stich gelassen haben. Bei einem Autounfall verliert sie einen wichtigen Menschen und lässt seitdem niemanden an sich heran. Die meiste Zeit verbringt sie auf Partys und in den Betten fremder Männer. Erst als sie feststellt, dass einer ihrer Liebhaber verheiratet ist und sie dessen Frau begegnet, wird ihr klar, dass irgendetwas schief läuft. Und als ihre geliebte Großmutter krank wird stellt sie fest, dass zwar immer die Gefahr besteht, dass man jemanden verliert, den man liebt, dass das aber kein Grund ist, niemanden mehr zu lieben.

Mía ist seit kurzem Single, ihr Freund hat sich von ihr getrennt und ist jetzt mit einer Arbeitskollegin zusammen. Mía hatte immer das Gefühl, dass er sich schämt, weil sie nicht so erfolgreich ist aber jetzt ist sie sich sicher, dass sie ihm nie genug war. Sie verkriecht sich in ihrer neuen Wohnung, die sie überhaupt nicht einrichten will, würde am liebsten gar nicht mehr arbeiten gehen und kommt kaum unter Leute. Der einzige, der sie noch erreicht, ist ihr Bruder und der will ihr auch helfen, ihrem Leben wieder einen Sinn zu geben.

Der dunkle, isländische Winter spiegelt das Seelenleben der vier Protagonistinnen wider, die sich in vermeintlich ausweglosen Situationen befinden. Es scheint kein Funke Hoffnung übrig zu sein, bis es endlich wieder hell wird, alles zum neuen Leben erwacht und man vergisst, wie schlimm der Winter doch war, wenn man die Schönheit Islands im Frühling betrachtet. Die Botschaft dahinter ist wohl, dass sich alles wieder zum Besseren wenden kann, wenn man einmal den Blickwinkel verändert oder sich andere Ziele setzt.

Mir hat das Buch gut gefallen, auch wenn es stellenweise sehr melancholisch macht, trotz Allem scheint im Hinterkopf immer der Gedanke: wir haben es schon immer überlebt, wir schaffen es auch dieses Mal. Da die Geschichte in Rejkjavik spielt, bekommt man beim Lesen tatsächlich Lust auf Island, was doch so anders zu sein scheint als andere Länder. Das Ende ist anders als erwartet aber für mich dennoch zufrieden stellend.