Rezension

Vielschichtiger Zombie-Polit-Thriller punktet mit Realitätsnähe

Berlin Requiem - Peter Huth

Berlin Requiem
von Peter Huth

Tja, was soll ich sagen? Berliner, lest dieses Buch! Und alle anderen natürlich auch! :D

Wer ein bisschen was für die Zombie-Thematik übrig hat, kommt um dieses Buch sowieso nicht herum, behaupte ich jetzt mal. Denn die literarische Zombie-Dichte in Deutschland ist recht überschaubar, da sollte man „Berlin Requiem“ auf gar keinen Fall auslassen.

Und auch wer sich bisher nicht so an Zombies herangetraut hat, dem sei dieses Buch als Einstieg empfohlen, denn es liest sich fast wie ein Polit-Thriller und bietet mehr Aspekte als nur das übliche Überleben unter Untoten, auch wenn der Horror nicht zu kurz kommt.

Diesen verbindet Autor Peter Huth in seinem Buch mit Science-, Endzeit- und starken Thriller-Elementen und erschafft so mehr als nur eine klassische Zombie-Geschichte. Das hier ist kein post-apokalyptischer, sondern vielmehr ein prä-apokalyptischer Roman. Das Ende ist noch ganz am Anfang und bietet erzähltechnisch so einige neue Ansätze. Eine besonders große Rolle spielen dabei die Politik und die Medien.

Der Autor, seines Zeichens Chefredakteur beim größten lokalen Boulevardblatt Berlins, der B.Z., baut seine Geschichte um eine Gruppe von Journalisten und Politikern auf, rückt dadurch den Fokus auf die Vetternwirtschaft zwischen Politik und Presse, den Umgang mit Informationen und entwirft ein Szenario, das weder die Regierung noch die Medien oder die Bevölkerung in einem besonders guten Licht dastehen lässt. Gesellschaftskritik? Aber hallo!

Wenn man sich den Klappentext zu diesem Zombie-Thriller anschaut, scheint schon die Idee so provokant wie ungeheuerlich: Ein Virus lässt die Toten wieder auferstehen, betroffen scheinen aber nur Bürger Berlins mit Migrationshintergrund zu sein. Was? Absurd! Doch die Menschen sind nicht klüger über die Jahre geworden und vertrauen der Regierung und der Presse. Und so nimmt das Unheil seinen Lauf, begleitet von der Frage, ob die Zombies oder die Dummheit der Menschheit die größere Gefahr für alle darstellen.

Die Handlung des Romans spielt mitten in unserer Gesellschaft, mitten in Berlin. Das Virus tritt erstmalig im Bezirk Neukölln auf und breitet sich schnell unter der hiesigen Bevölkerung aus. Erste Maßnahmen werden vom Berliner Senat ergriffen, es wird eine Mauer um die betroffenen Bereiche hochgezogen, Kreuzberg und Neukölln sind abgeriegelt und Wachposten achten darauf, dass niemand die Zone verlassen kann. Die Infizierten verwandeln sich nach einer Übergangsphase in die uns bekannten wandelnden Toten, allerdings baut der Autor hier einige neue Aspekte ein, die beim Lesen immer wieder die Neugier auf den Ursprung, aber auch vor allem auf den Grund des Ausbruchs dieser Seuche wecken.

Ein besonderer Clou ist für mich die Auflösung um das Virus gewesen, denn wenn ich das Buch richtig verstanden habe, dann ... haha, lest selbst! :)

Zu guter Letzt noch ein bisschen Jammern auf hohem Niveau: Der Schreibstil war etwas gewöhnungsbedürftigt und hat mich nicht unbedingt vom Hocker gerissen. Er war nicht schlecht, fällt aber recht knapp aus und liest sich zu Beginn etwas stockend. Vielleicht schimmert hier das sonst mehr journalistisch geprägte Texten des Autors durch? Für meinen Geschmack hätte es etwas gefälliger sein können, etwas fließender, aber das alles tut dem Inhalt keinen Abbruch.

Fazit: Durch die Wahl der Schauplätze war für mich als Berlinerin die Wirkung beim Lesen enorm! Ich weiß nicht, ob mich das Buch ebenso stark gepackt hätte, wenn es in einer mir unbekannten Stadt gespielt hätte. Aber egal ob nun Hamburg, München oder ein kleines Dorf auf dem Lande, die Realitätsnähe macht in "Berlin Requiem" für mich den größten, positiven Unterschied zu seinen Genrekollegen aus den USA aus. Das Buch packt und fesselt, weil es der Gesellschaft den Spiegel vorhält.

 

Bewertung: 4 Sterne

 

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