Rezension

Vielschichtig

Die Enkelin -

Die Enkelin
von Bernhard Schlink

Bewertet mit 3 Sternen

Mitte der 60ger Jahre lernt der Westberliner Student Kaspar bei einem Pfingstjugendtreffen die Ostberliner Studentin Birgit kennen und verliebt sich in sie. Er ist bereit für sie in den Osten zu gehen, doch Birgit will die Freiheit des Westens erleben und so verhilft Kaspar ihr zur Flucht.

Sie leben ein gemeinsames, nicht immer einfaches Leben, geprägt durch Birgits Alkoholsucht und Unstetigkeit, das durch Birgits Tod, vielleicht sogar ein Suizid, endet. Erst jetzt erfährt Kaspar aus Birgits Aufzeichnungen, dass sie damals ein Kind in der DDR zurückgelassen hatte und nicht mehr die Energie aufbrachte, nach der Tochter zu suchen. Auch spürt er, dass es viele Leerstellen in ihrem gemeinsamen Leben gab, vielleicht ahnte er es und wollte es doch nicht wahrhaben.

Kaspar beginnt nach der Tochter zu suchen und macht sie und gleich auch noch eine Enkelin ausfindig. Aber Svenja und ihre Tochter Sigrun leben in einer völkischen Gemeinschaft, am tiefbraunen, rechten Rand unserer Gesellschaft. Unter dem Deckmantel von dörflichen Gemeinschaften, die ökologisch und auf althergebrachte Weise Landbau betreiben wollen, breitet sich diese Szene vor allem in den von Landflucht betroffenen Dörfern der ehemaligen DDR aus.

Wie kann Kaspar eine Verbindung zu seiner Stiefenkelin aufbauen ohne seine Werte zu verraten?

Es ist eigentlich ein Generationenroman um die drei Frauen, gleichzeitig auch eine Geschichte der unterschiedlichen deutschen Staaten und umfasst auch ganz aktuell die rechten Strömungen.

Schlink hat sich in seinem Buch schwierigen Themen auf eine sensible Weise angenähert. Auch wenn mir seine Figuren nicht immer realistisch erschienen – Kaspar blieb mir in seinen Gedanken und Handlungen weitgehend unverständlich – hat mich sein Roman immer wieder mitgenommen. Die Dialoge scheinen nicht unbedingt die Stärke des Autors zu sein. Sie wirken hölzern und besonders die Gespräche Kaspars mit Enkelin Sigrun geraten schon mal unfreiwillig komisch. Außerdem greift Schlink häufig zu Zufällen um seine Geschichte voranzutreiben.

War mir der erste Teil im Erzählton noch sehr kühl erschienen, hat mir der weitere Verlauf besser gefallen. Dennoch hat mich das neue Buch des Autors nicht völlig überzeugen können.