Rezension

Viele Psychos, wenig Thrill

Die verschwundenen Studentinnen -

Die verschwundenen Studentinnen
von Alex Michaelides

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Cambridge-Studentin Zoe ruft ihre Tante, Gruppentherapeutin Mariana nach dem Mord ihrer Zimmergenossin an und bittet um Hilfe. Zoe hat Angst, denn sie hat einen Verdacht...

Dem Klappentext sollte man nicht so viel Aufmerksamkeit schenken, denn das stimmt so nicht. Die Studentinnen verschwinden nicht, sie werden einfach tot gefunden.

Mariana, eine 36-jährige Gruppentherapeutin in großer Trauer um ihren verstorbenen Mann Sebastian, wird von ihrer Nichte Zoe, ihrem Ziehkind, nach Cambridge gerufen. Es wurde eine Leichte gefunden, und sie nimmt an, dass es sich um ihre Zimmermitbewohnerin Tara handelt. Tatsächlich. Und deshalb glaubt Zoe, dass der mysteriöse, düstere Professor Fosca der Mörder sei. Tara und er hatten ein Verhältnis. Außerdem unterrichtet er griechische Tragödien und versammelt eine Gruppe von auserwählten Studentinnen um sich, die Privatunterricht von ihm erhalten. Eventuell widmen sie sich einem antiken Kult, bei dem es um Schwellenerfahrungen zwischen Leben und Tod geht. Denn über diesen doziert Fosca in seiner Trauerrede für Tara.

Mariana glaubt Zoe sofort, dass der Professor Schuld ist, er benimmt sich auch seltsam und provokant. Bei jedem toten Mädchen lässt sich außerdem eine Postkarte mit einem Motiv aus der griechischen Mythologie finden und dazu ein Vers, der den Tod ankündigt. 

Nach und nach treten immer mehr Verdächtige auf. Fred, ein Physikstudent, der sich auf den ersten Blick in Mariana verliebt hat und an ihr klebt wie eine Schmeißfliege. Julian, ihr Ex-Kommilitone, der jetzt forensischer Psychiater ist und an dem Fall der Mädchen arbeitet. Ihr Patient Henry folgt ihr sogar von London aus nach Cambridge. Und dann gibt es noch das Tagebuch von einem Jungen, der von seiner Mutter im Stich gelassen worden ist und in dessen Brust nun zwei Seelen schlagen.- Ja, eine einfache Kindheit hatte niemand in diesem Buch. Und es wird immer wieder erklärt, was für psychische Knackse dadurch entstehen können. So ist eigentlich jeder tatverdächtig, aber niemand hat ein richtiges Motiv.

Mariana flirtert unfreiwillig und hat starke Probleme damit, sich von ihrem verstorbenen Mann Sebastian zu lösen, den sie einst in Cambridge kennengelernt hat. Sie verrennt sich in die Idee, dass der Professor der Mörder ist. Die Situation spitzt sich zu. Und eines Tages erhält auch sie eine Postkarte...

Der Sprachstil ist sehr flüssig, man rauscht durch die Seiten, Cambridge im Herbst wird wunderschön idyllisch beschrieben und doch entsteht kein Spannugnsbogen. Die Morde an sich nehmen relativ wenig Raum ein, die richtige Ermittlung spielt keine Rolle. Mariana mischt sich einfach in den Fall ein und niemand setzt ihr Grenzen. Es geht immer wieder um ihre psychischen Probleme, ihre Trauerdepression und auch irgendwelchen Problemen mit ihrem Vater. 
Desweiteren werden wirklich viele griechische Mythen erwähnt, aber ihr Inhalt wird kaum mal erzählt. Dies ist sehr schade, weil man den Verknüpfungen zum Fall nicht Folge leisten kann. Ein Glossar am Ende könnte helfen. Auch das Leben von Autor Lord Tennyson ist scheinbar sehr wichtig für die Erzählung, in seinem Leben gibt es die meisten Parallelen zu Marianas. Aber auch das verläuft sich irgendwie...

Schade. Das Ende ist kaum vorhersehbar und wirkt nicht richtig nachvollziehbar. Es ist der Höhepunkt der Tragödie, aber danach fehlt der Abspann. Der Fall ist dennoch aufgelöst!

Trotzdem lässt sich das Buch sehr gut lesen und man kann sich in die Kulisse hineinträumen. Einige Figuren sind spannend beschrieben, manche sind fast urkomisch... Man muss es eben selbst lesen.