Rezension

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Die Kinder sind Könige -

Die Kinder sind Könige
von Delphine de Vigan

Bewertet mit 5 Sternen

Mélanie wollte schon als junges Mädchen berühmt werden. Inzwischen ist sie Mutter von zwei Kindern und hat ihr Ziel erreicht. Auf Youtube hat sie sehr viele Follower, die ihre Kinder hautnah miterleben können. Doch ihre Kinder, ganz besonders die sechsjährige Tochter Kimmy, haben seit einiger Zeit keine Lust mehr darauf, sich ständig filmen zu lassen, was Mélanie nicht versteht. Dann verschwindet Kimmy beim Verstecken spielen spurlos.

Wieder einmal ist es Delphine de Vigan gelungen, mich gleich in die Geschichte hineinzuziehen, denn die Geschichte ist sehr realitätsnah. Es gibt Menschen, die ihr Leben in den Sozialen Medien leben und die Realität kaum noch wahrnehmen. Auch ihre Kinder werden dort präsentiert, ohne dass die Kleinen darauf Einfluss nehmen können.

Der Schreibstil ist recht nüchtern und etwas distanziert. Meist wird aus der Perspektive von Mélanie und Clara erzählt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kinder mehr zu Wort kommen, um ihre Gefühle mitzuerleben.

Mélanie fühlte sich in ihrer Familie nicht wirklich geliebt. Sie war ein Fan von Reality-Shows und wollte genauso viel Aufmerksamkeit. Die bekommt sie nun auf Kosten ihrer Kinder. Ihr Youtube-Kanal ist erfolgreich und das Einkommen nicht zu verachten. Als Kimmy keine Lust mehr hat, schiebt sie es auf eine Laune und übersieht dabei, dass ihre Bedürfnisse und Träume nicht die von Kimmy sind.

Die Polizistin Clara Roussel übernimmt diesen Fall. Es wird nicht leicht, denn wie soll man ein Motiv und einen Verdächtigen ausmachen, wenn die ganze Welt mit dem Leben der Kinder so vertraut ist. Mélanie ist verzweifelt und begreift nicht, was sie anders hätte machen können. Zum Glück geht Clara die Sache nüchtern an. Was sie herausfindet, ist wirklich tragisch.

Später bekommen wir noch einen Einblick, wie die Kinder diese Medienpräsenz rückblickend sehen, denn das alles ist nicht einfach an ihnen vorbeigegangen. Sie haben dieses böse Spiel ihrer Mutter zuliebe mitgespielt.

Dieser Roman ist bedrückend, spannend und macht nachdenklich.