Rezension

Unterhaltsam, anrührend und tiefsinnig

Die Meerjungfrau von Black Conch -

Die Meerjungfrau von Black Conch
von Monique Roffey

Bewertet mit 5 Sternen

Was wäre, wenn Sportfischer zufällig eine Meerjungfrau angeln würden? Sie denken, sie haben einen fetten Fisch an der Angel und der entpuppt sich als Meerfrau. Ein Mensch ist sie nicht, aber ein Fisch auch nicht. Was macht man dann?

1976 soll genau das passiert sein, behauptet dieses Buch, auf Black Conch, einer unbekannten Südseeinsel. Die Angler glauben eine sensationelle Trophäe gefangen zu haben, die man zu Geld machen kann, aber David Baptiste, ein junger, einheimischer Fischer, rettet die schöne Aycayia mit dem Fischschwanz, die sich prompt an Land in eine Frau verwandelt, genau wie im Märchen.

Es entwickelt sich eine tragisch-schöne Liebesgeschichte, die kunstvoll alte Südsee-Mythen mit dem Märchen der Meerjungfrau, etwas Kolonialgeschichte und der Gegenwart verknüpft und dabei Grenzen auslotet.

Was macht Menschsein aus? Hat man das Recht, Lebewesen zu fangen und auszustellen? Passiert es nicht immer wieder, dass wir Wesen ausgrenzen, nur weil wir sie nicht kennen? Das, und noch viel mehr, fragt uns dieses kleine Buch. Welche Auswirkungen hat Geschichte auf unsere Gegenwart? Kann Liebe wirklich kulturelle Unterschiede ausgleichen oder kommt irgendwann der Punkt, an dem man machtlos ist?

Das sind alles wichtige Themen, die hier anklingen und mit Leichtigkeit verwoben werden. An die Sprache muss man sich ein wenig gewöhnen. Sie zeigt eine Art Südsee-Pidgin, das sich dem jeweiligen Erzähler anpasst und je nach Herkunft und Bildungsstand anders klingt. Aycayia spricht sogar in Versen, was für eine Gestalt aus einer uralten Legende sehr angemessen ist.

Dieses Buch ist die originellste Märchenadaptation, die ich je gelesen habe, unterhaltsam, anrührend und tiefsinnig. Eine dicke Empfehlung!