Rezension

Unglaublich einfühlsame Kurzgeschichten

#herzleer - was ich noch sagen wollte - Jennifer Benkau, Lena Gorelik, Tanja Heitmann, Ruth Olshan, Sabine Schoder, Maike Stein, Anke Weber, Katrin Zipse

#herzleer - was ich noch sagen wollte
von Jennifer Benkau Lena Gorelik Tanja Heitmann Ruth Olshan Sabine Schoder Maike Stein Anke Weber Katrin Zipse

An #herz leer – was ich noch sagen wollte hat mich besonders das Thema der letzten romantischen oder tragischen Nachricht gereizt, das schon im Titel anklingt. Ich habe mich gefragt, auf welche Weise das Ende einer jugendlichen Liebe erzählt werden kann, sodass es mich emotional überzeugt. Um nicht zu viel vorwegzunehmen, habe ich mir drei Geschichten des Erzählbandes ausgesucht, die ich euch hier näher vorstellen möchte.

Lena Gorelik – Die letzte Nachricht

Du und ich, und wie du mich angesehen hast, vorher. Und wie wir Freundinnen wurden oder auch nicht, und wie ich mehr wurde und du nicht. (S. 15)

Die letzte Nachricht ist ein großer Liebes- und Abschiedsbrief zugleich. Die namenlose Ich-Erzählerin der Geschichte schildert die besondere und innige Beziehung zu ihrer besten Freundin und gibt nach und nach immer mehr von der heimlichen lesbischen Liebe zu ihr preis. Gleichzeitig ist jeder Satz der Erzählung von einer großen Traurigkeit der Ich-Erzählerin durchzogen, denn die Liebe wird scheinbar unbewusst erwidert, aber offensichtlich geleugnet. Lena Gorelik schafft in ihrer Geschichte eine wunderschöne, schon fast literarisch anmutende Atmosphäre, die auf wenigen Seiten großen Liebesgeschichten durchaus das Wasser reichen kann. Eine melancholische Geschichte, die einen betroffen macht und gleichzeitig vor Schönheit aufseufzen lässt.

Anke Weber – Herz Pogo

Organische Masse auf höchstem Energieverlust. Jeder für sich und dennoch ein einziges großes Wir. Wildfremde umtanzen mich. Das liebe ich an Festivals. (S. 34)

Nayra ist mit ihrer besten Freundin auf einem Festival und stößt zufällig während eines Rockkonzerts mit Jo zusammen. Jo ist aufmerksam und witzig und genau Nayras Typ! Sie verbringen gemeinsam den Tag, tanzen, küssen und genießen das Leben. Als ein Gewitter aufkommt und das Festival abgesagt werden muss, schwören Nayra und Jo sich wiederzusehen. Es kommt aber ganz anders… . Anke Webers Geschichte hat mich schon wegen des tollen Settings mitgerissen. Das bunte Festival auf dem sich die beiden Protagonisten kennenlernen, vermittelt pure Freiheit, Jugendlichkeit und Lebensfreude. Dass sich Jo und Nayra schon auf dem ersten Blick ineinander verlieben, wirkt hier ganz und gar nicht kitschig, sondern erfrischend realistisch und einfach romantisch. Eine kurzweilige Geschichte über eine zaghafte Liebe, die den Leser trotzdem bestürzt zurück lässt.

Sabine Schoder – Herzspieß

Kein noch so begabter Schriftsteller hatte mich darauf vorbereitet. Levis Wirklichkeit spielte jegliche Lyrik an die Wand. (S. 88)

Elva ist ein wahrer Bücherwurm und verbringt ihre Nachmittage am liebsten in ihrer eigenen Leseecke der Lieblingsbuchhandlung. Doch ihre Ruhe wird gestört, als Levi auftaucht, der Sohn der Buchhändlerin, und den Laden auf Vordermann bringen möchte. Levi schafft es, Elva ganz schön durcheinander zu bringen. Als ein Gerichtsvollzieher in der Buchhandlung auftaucht und droht den Laden zu schließen, beschließen sie gemeinsam die Buchhandlung zu retten. Doch Elva muss lernen, dass Glück oft nur sehr kurz währt… . Sabine Schoder hat mit Levi und Elva zwei Figuren geschaffen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Gerade die Tatsache macht aber ihr Aufeinandertreffen besonders interessant. Hier ist die Liebesgeschichte nur ganz zart angedeutet, die Tragik des Endes ist dafür jedoch umso drastischer. Mich hat die Geschichte fassungslos zurückgelassen, denn die Vorstellung einer letzten Nachricht auf diese furchtbare Art und Weise, ist schrecklich. Eine Geschichte, die nach einem netten Auftakt umso aufwühlender endet.

Fazit & Bewertung

#herz leer – was ich noch sagen wollte hat mich ziemlich mitgenommen, aber im positiven Sinne. Alle Geschichten sind auf ihre Weise herzerwärmend und realistisch, gleichzeitig aber wahnsinnig tragisch. Die acht Autorinnen der Kurzgeschichten schaffen es unglaublich einfühlsam die Stimmung und Gefühle ihrer jugendlichen Protagonisten und Protagonistinnen einzufangen und den Leser mit dem Gedanken zu entlassen: Das darf nicht das Ende sein!