Rezension

Tragikomisch, vielstimmig, bitterböse

DAFUQ -

DAFUQ
von Kira Jarmysch

Bewertet mit 4 Sternen

Die 28-jährige Anja wurde wegen unangemeldeten Demonstration gegen Regierungskorruption festgenommen und zu zehn Tage Arrest verurteilt. Sie landet in eine Moskauer Gefängniszelle, in dem sie mit weiteren fünf Frauen -die ebenfalls wegen geringfügigen Ordnungswidrigkeiten sitzen müssen- nicht nur die Toilette, sondern auch eine Tasse lauwarmen Tee teilt. Die jungen Frauen stammen aus völlig anderen Gesellschaftssichten ab, dennoch reden die gerne miteinander, spielen erfundene Spiele und erzählen aus dem eigenen Leben. Anja nimmt alles erstmals wie eine Anekdote auf, die sie hinterher ihren Freunden erzählen möchte, denn das Essen schmeckt gut, die Insassen sind in Ordnung und es herrscht keine Gewalt, doch die Tage vergehen. Anjas Mitinsassen verlassen eine nach dem anderen die Zelle und sie bleibt mit ihren Gedanken und ihre Wahnvorstellungen alleine...

Hinter diesem „Gangsterhaften“ Titel, und ein Cover welches mich an einen modernen „Drogenroman“ erinnert, verbirgt sich eine aktuelle Geschichte über heutigen Russland. Sehr mutig, zugleich zornig ergreift die Autorin einige Themen wie russische Gesellschaftsspalt zwischen Armut und Reichtum, traditionelle Rollenverteilung, Regime-Gläubigkeit, Unabhängigkeitsdrang und Sexualität. Klingt zu Politisch? Ist es aber nicht. Denn Jarmysch hat ihre Figuren sehr kreativ und vielfältig kreiert und ihnen lustigen Stimmen gegeben, sodass ich immer wieder bei Dialogen lauthals lachen musste.

Kira Jarmysch ist als Alexej Nawalnys Pressesprecherin bekannt und es ist ihrer erster Roman, in dem sie einige biografische Eckdaten mitverarbeitet hat. Ein gut gelungenes, interessantes, außergewöhnliches und lesenswertes Debüt.