Rezension

Toxische Beziehungen

Bonuskind -

Bonuskind
von Saskia Noort

Bewertet mit 3 Sternen

Der erste Satz im Buch ist ein Knaller und machte mich total neugierig auf den weiteren Verlauf des Geschehens.

„Ich wache mit dem Gefühl auf, dass Mam tot ist.“

ICH, das ist die 15jährige Lies, Tochter von Jet und Peter und die große Schwester von Luuk. Die Geschwister sind Scheidungskinder, denn die Eltern trennten sich vor zwei Jahren. Es gab ständig erbitterten Streit. Die Mutter bleibt tatsächlich verschwunden und wird nach kurzer Zeit tot aufgefunden. Jeder glaubt an einen Selbstmord. Nur das junge Mädchen nicht. Sie findet die Aufzeichnungen ihrer Mutter und zieht daraus ihre eigenen Schlußfolgerungen, ermittelt und handelt auf eigene Faust...

Bonuskind hat mich nicht überzeugt. Es ist zwar so geschrieben, dass ich an der Geschichte dranblieb, weil ich fortwährend etwas anderes an Resultaten erwartete.

Dann störte ich mich an den Begriffen Bonuskind und Coming-of-Age-Geschichte. Mir erschloß sich zum ersten nicht, wer oder warum von wem das Bonuskind war.

Lies und ihr kleiner Bruder Luuk pendelten seit der Scheidung der Eltern ständig zwischen ihrem bescheidenen Zuhause bei der Mutter und dem des Vaters sowie seiner viel jüngeren Frau Laura hin und her. Eine tiefere Bindung an die neue familiäre Situation im Luxusheim des Vaters erfolgt nicht. Zum zweiten würde ich das Buch eher als Familiendrama einstufen. „Coming of Age“ ist ein Genre, das sich mit dem Heranwachsen von Jugendlichen beschäftigt mit all den Entwicklungsstufen, die ein Kind zum jungen Erwachsenen heranreifen läßt. Das ist hier bestenfalls nur ein Nebenthema mit dem Freund von Lies.

Die 15jährige Lies erscheint mir durch das plötzliche Verschwinden und dem baldigen Auffinden der toten Mutter stark aus der Bahn geworfen. Sie versteht vieles nicht, ist überfordert. Wer fängt sie in dieser Situation auf? Wo findet sie Hilfe und Unterstützung? Sie versucht mit ihren Möglichkeiten Klarheit in das Chaos der zerütteten Familienverhältnisse zu bringen. Das junge Mädchen sucht nach der Wahrheit. Ihre Gedankenwelt ist für mich nachvollziehbar. Doch die Wendungen im Geschehen um Jet sind es für mich nicht. Außerdem gehen die Schlußfolgerungen von Lies in eine gänzlich andere Richtung als die der Polizei. Warum wird darauf nicht eingegangen?

Je länger ich das Gelesene auf mich nachwirken lasse, umso mehr fallen mir weitere Punkte auf, die für mich nicht stimmig sind. Nur noch eine letzte Sache, die für mich gar nicht paßte. Jet ist ausgebildete Psychologin, spricht mit ihrem Kollegen über ihre Probleme (allerdings schiebt sie eine Bekannte vor). Trotz ihres Wissens lebt sie in ihrer Ehe und in der sexbetonten Affäre toxische Beziehungen aus.

Das Tagebuch der Mutter kommt bei mir zunächst als ein guter Einfall der Autorin an, aber die Art und Weise, wie die Berichterstattung erfolgt ist gelinde gesagt verwunderlich. Wer schreibt seine Gedanken nieder im Dialogstil? Gegen Ende hin wird das dann auch noch unrealistisch.

Der Thriller wurde durchgängig aus der jeweiligen Ich-Perspektive geschrieben, aus Sicht von Lies und von Jet, der Mutter.

 

Für mich ist „Bonuskind" eine konstruierte Geschichte voller Ungereimtheiten. Das Ende konnte mich allerdings dann doch überraschen. Leider zu spät.