Rezension

toll, aber kein Psychothriller

Die Therapie
von Sebastian Fitzek

Bewertet mit 4 Sternen

Vor vier Jahren verschwand die Tochter des Psychiaters Larenz spurlos. Er suchte lange nach ihr, gab seinen Beruf über der Suche und dem Verlust auf. Aber es gab keinen Anhaltspunkt. Sie war wie vom Boden verschwunden. Auf der kleinen Nordseeinsel Parkum will er dann in Ruhe an einem Interview arbeiten. Er hat sich einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht, denn ihn erwischt eine heftige Grippe und außerdem spielt das Wetter nicht mit. Da bekommt er plötzlich Besuch von einer jungen Frau, die von ihm therapiert werden will, denn sie leidet an einer sonderbaren Art der Schizophrenie. Larenz will sie eigentlich abweisen - doch er will sie nicht in das unwirtliche Wetter wieder hinaus schicken, bei dem keine Fähre fährt. Und außerdem fesselt ihn ihre Geschichte immer mehr. Ist das Mädchen, dessen Stimme die Frau hört, die Stimme seiner Tochter?

Ich war interessiert, ob Sebastian Fitzek auch mich begeistern kann, und habe dieses Buch mit einer sehr großen Erwartung gelesen. Und ich war sehr überrascht. Diese Geschichte kommt ganz ohne jede Verfolgungsjagd aus, die Handlungen sind auf ein Mindestmaß beschränkt, der Aktionsraum ist minimal. Und trotzdem ist das Buch spannend. Im Laufe des Buches entwickelt sich eine ganz eigene Art von Spannung, die ich noch nie erlebt habe. Der Leser kann genau nachempfinden, was Larenz gerade durchmacht, was ihm durch den Kopf geht, man erlebt alles haarklein mit. Und so kann man auch dieses Irreale miterleben, was einen befällt, während man versucht, die Geschehnisse zu begreifen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich diesen Roman ebenfalls als Psychothriller einordnen würde. Dafür geht es mir nicht genug in Richtung dieser psychischen, fühlbaren Spannung. Dafür fehlt mir zu sehr dieser Konflikt, wenn zwei Personen sich ein psychisches, emotionales Duell liefern. Für mich geht es eher in Richtung Horror, denn es passieren im Verlauf der Gespräche, die Larenz und die Frau führen, einige Dinge, die man zunächst rational nicht erklären kann. Ich denke, diese aus meiner Sicht falsche Einordnung nahm mir auch ein bisschen Lesevergnügen, denn ich ging mit einer falschen Erwartung an das Buch. Horror und dieses anfangs einfach nur Irreale oder vielleicht auch Paranormale trifft nämlich nicht ganz so meinen Geschmack. Da ändert die spätere ganz rationale Aufklärung nichts. Für einen Thriller ist für meinen Geschmack außerdem die Spannung nicht groß genug. Dieses sind dann auch die Gründe, weshalb ich einen Punkt abgezogen habe.

Ansonsten ist das Buch großartig! Sebastian Fitzek ist hier eine Geschichte eingefallen, die ich in dieser Art wirklich noch nie gelesen oder gesehen habe. Es ist für mich wirklich einmal etwas ganz Neues. Und er hat einen tollen Stil. Nur auf das Wesentliche beschränkt baut er eine fantastische Geschichte auf.

Dies wird bestimmt nicht mein letzter Roman von Sebastian Fitzek gewesen sein!