Rezension

Tiefschürfend

Sprich mit mir
von T.C. Boyle

Bewertet mit 5 Sternen

Nachdem mir die letzten Bücher von Boyle nicht hundertprozentig gut gefallen haben, ist dieses Buch wieder genau nach meinem Geschmack. Es hat mich von Anfang an fasziniert und ich hätte mir gewünscht, dass es nicht enden würde, denn man ahnte bald, dass es nicht gut ausgehen würde.
Die junge Studentin Aimeé studiert gelangweilt vor sich hin, ohne Antrieb und Zufriedenheit. Das ändert sich erst, als sie in das Schimpansenprojekt von Guy Schermerhorn einsteigen kann und den jungen Schimpansen Sam betreut. Es ist Liebe auf den ersten Blick bei beiden, Sam ist bei ihr folgsam und lernwillig. Schon bald können sie sich in einer Art Gebärdensprache unterhalten. Doch dann will Guys selbstherrlicher und brutaler Chef Donald Moncrief (Ist der Vorname zufällig? Ich glaube nicht!) das Projekt beenden und Sam an ein Labor verkaufen. Das kann Aimeé nicht zulassen.
Das Buch ist aus der Sicht unterschiedlicher Personen erzählt. Hauptsächlich wird Aimeés Blickwinkel geschildert, aber auch Sam und einige andere Personen bekommen eine Stimme. Sams Beiträge sind dadurch gekennzeichnet, dass die Worte, die er gebärden kann, in Großbuchstaben erscheinen.
Da sich Boyle immer sehr tief in seine Bücher einarbeitet und bekannt ist für seine hervorragende Recherchearbeit, ist es wahrscheinlich, dass Sams Fähigkeiten auf Tatsachen beruhen. Mehrfach beruft er sich auf die Primatenforscherin Jane Goodall. Sam hat angeblich die sozialen und kognitiven Fähigkeiten eines vierjährigen Kindes, aber er wächst später im Buch darüber hinaus, als er eine irgendwie geartete Vorstellung von Liebe und Gott hat. Wie weit das wirklich so ist, bleibt vage.
Faszinierend ist, wie weit Boyle sich besonders in Sams Passagen in das Tier einfinden kann, da verschwimmen oft genug die Grenzen zwischen Mensch und Tier und Sam lebt in einer Grauzone zwischen den Spezies. Auch ist das Buch emotionaler als andere seiner Bücher, Sarkasmus fehlt völlig.
Das Buch ist zusätzlich auch noch so spannend, dass man es kaum aus der Hand legen kann.
Endlich einmal wieder ein perfektes Buch von Boyle!