Rezension

Tiefgründiger, meisterhaft erzählter Roman mit jeder Menge Zündstoff für zwischenmenschliche, emotionale Brandherde

Der Brand -

Der Brand
von Daniela Krien

Liebe ist ein Feuer...

Aber ob es Dein Herz wärmen oder Dein Haus abfackeln wird, weiß man nie“ (Joan Crawford).

Das gilt auch für die Beziehung von Ruth und Peter, die sich nach fast dreißigjähriger Partnerschaft deutlich voneinander entfremdet haben und mithilfe des langfristig geplanten Urlaubs in den Bergen neue Klarheit über ihre Gefühle erhoffen. Doch wie so oft kommt leider alles anders als gedacht und ein Brand im Ferienhaus zwingt sie dazu, ihre Pläne zu ändern. Wie günstig, dass die jahrelange Freundin der Familie um Hilfe bittet und beide so gezwungen sind, die gemeinsame Urlaubszeit in einem alten Bauernhaus in der Uckermark zu verbringen.

Anders als zunächst vermutet, ist dies der Ausgangspunkt einer tiefgreifenden Familiengeschichte, deren Ausgangspunkt zwar die Beziehungsprobleme zwischen Rahel und Peter bilden, deren Ursprünge jedoch viel verwurzelter und weitreichender sind. Ergründet wird dies aus der Erzählperspektive von Rahel, die in ihrem Alltag eine sehr erfolgreiche Therapeutin zu sein scheint, was ihr jedoch bezogen auf ihre eigenen Probleme nicht gelingen mag, weil ihre Gefühle und Gedanken häufig die fehlende professionelle Distanz vermissen lassen. Allerdings ist es auch nicht einfach die Befindlichkeiten ihres Mannes zu ergründen, der als alternder Germanistikprofessor nicht nur deren Beziehung, sondern auch seinen Platz im Leben grundsätzlich anzuzweifeln scheint.

„Lese ich gute Bücher, wirkt das Gute in mich hinein, und aus mir heraus“ (Krien, 2021, S. 258). Getreu diesem Motto ist Peter häufig in seine Bücher vertieft und man erfährt erst nach und nach, in welcher tiefen Krise er sich derzeit befindet.

Doch dies ist nicht der einzige Brandherd, denen sich Rahel und Peter zu stellen haben. Unverhofft erhalten sie Besuch von ihrer Tochter, die besonders Rahel durch ihr egozentrisches Verhalten in tiefe Zweifel stürzt, die sie gedanklich ihre eigene Familiengeschichte und ihre Entscheidungen in der Vergangenheit kritisch reflektieren lässt.

Hervorzuheben ist hierbei das feine Gespür der Autorin für sehr dichte, symbolhafte Sprache, die einerseits zum Nach- und Weiterdenken anregt, andererseits aber auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Darstellung der unterschiedlichen Figuren und deren Handlungen herausfordert. Unerwartet werden so auch Themen wie die Kindheit in der DDR, der Einfluss von Erziehung und der Umgang mit Fehlern und der Wahrheit angesprochen, die während der Lektüre ebenso zum weiteren Reflektieren einladen wie der Titel und das Cover, zu denen zwischen den Zeilen nach und nach sehr unterschiedliche Deutungsansätze angeboten werden.

Obwohl zum Ende sehr verdichtet einige Unklarheiten gelöst werden, ist trotzdem ausreichend Interpretationsspielraum gegeben, sodass dieses Buch noch lange im Gedächtnis bleibt und zu vermuten ist, dass auch beim erneuten Lesen immer neue Facetten deutlich werden.  

Insgesamt empfinde ich den BRAND von Daniela Krien als tiefgründigen, meisterhaft erzählten Roman mit jeder Menge Zündstoff für emotionale Brandherde, wodurch ein distanzierter, kritischer Blick auf zwischenmenschliche (Paar-) Beziehungen ermöglicht wird.