Rezension

Temporeicher Thriller, der mich zum Ende hin ermüdet hat

Violas Versteck
von Marc Raabe

Bewertet mit 3.5 Sternen

Tom Babylon wacht mit Amnesie in einem Londoner Krankenhaus auf. Er weiß weder, warum er sich in London aufhält, noch wieso er in einem Krankenhaus gelandet ist. Er vermutet jedoch, dass alles mit seiner verschwundenen Schwester Viola im Zusammenhang steht. Ob Dr. Walter Bruckmann seine Finger im Spiel hat? Doch wie sollte ein Mann, der in einer psychiatrischen Anstalt in den Alpen sitzt, für Toms Krankenhausaufenthalt verantwortlich sein?

Das Buch „Violas Versteck“ ist der vierte Teil der Tom Babylon Reihe von Marc Raabe. Es startet direkt temporeich. Erreicht wird dies dadurch, dass der Autor beim Leser schon auf den ersten Seiten für viele Fragen sorgt und damit die Neugierde schürt. Warum befindet sich Tom Babylon in London? Was ist ihm passiert, dass er sich in einem Krankenhaus befindet? Was hat er aufgrund einer Amnesie alles vergessen? Geschickt verwebt der Autor zwei Handlungsstränge, die zu Beginn 28 Tage auseinanderliegen. Denn 28 Tage vor Toms Krankenhausaufenthalt begibt sich die Psychologin Sita Johanns in die forensische Klinik Burg Tauenstein in den Alpen, um den hier einsitzenden Verbrecher Dr. Walter Bruckmann zu besuchen. Auch hier überschlagen sich schnell die Ereignisse und ich als Leserin habe den Kopf voller Fragen, was genau in der Klinik gerade passiert. Dem Autor gelingt es immer wieder, die beiden Handlungsstränge so miteinander zu verweben, dass wir über den einen Strang Informationen zu dem anderen erhalten. Doch kaum haben wir ein paar Antworten erhalten, tauchen auch schon neue Fragen auf, die wir unbedingt geklärt haben wollen.

Sehr schnell wird klar, dass Marc Raabe sein schriftstellerisches Handwerk aus dem Effeff beherrscht. Sein Buch ist spannend und temporeich, voller Anspielungen und gut platzierter Hinweise. Er springt mühelos von einer Erzählebene zur anderen und verbindet diese gekonnt miteinander. Die Erzählung ist sehr vielschichtig, dabei jedoch immer nachvollziehbar und in sich logisch. Hier ist ein Könner am Werk und ich weiß dieses Talent zu würdigen.

Doch oft kommt mir die Konstruktion zu perfekt, zu komponiert, zu glatt vor. Die Ausführungen sind mir immer wieder zu ausführlich geraten. Erst fällt es mir kaum auf, da das Buch nicht an Tempo verliert. Doch nach etwa Zweidrittel des Buches wünsche ich mir endlich eine Auflösung der Ereignisse. Vor mir liegen jedoch noch etwa 200 Seiten, durch die ich mich mühsam vorwärts lese. Das Buch ist mir einfach zu umfangreich und zu dick, es verliert an Spannung und ermüdet mich. Nicht, weil die Geschichte langweilig geworden ist, sondern weil sie sich insgesamt in die Länge zieht. Ich denke, wenn das Buch gestrafft worden wäre, hätte aus einer guten Geschichte eine grandiose werden können.

Fazit: Eine spannende und temporeiche Geschichte, die jedoch zu ausufernd geraten ist und mich daher irgendwann ermüdet hat.