Rezension

Stimmt sehr nachdenklich

Die Kinder sind Könige -

Die Kinder sind Könige
von Delphine de Vigan

Bewertet mit 4 Sternen

Lange bin ich um dieses Buch herumgeschlichen, aber der Klappentext hat mich einfach zu neugierig gemacht.

 

Mélanie ist schon seit ihrer Teenagerzeit fasziniert von Realtiy TV. Sie verpasst keine Folge ihrer Lieblingsshow und taucht völlig in die für sie tolle Welt ein. Etwas später versucht sie ebenso in dieser Welt fußzufassen und ich fand die Beschreibungen und die Art und Weise von einer TV Auswahl doch schon eher befremdlich.

Ebenso war mir Mélanies Verhalten und Vorfreude erst ein bisschen suspekt, ich konnte es mir aber anhand ihrer Wunschvorstellungen berühmt zu werden erklären.

 

Das hat sich eigentlich durch die ganze Geschichte gezogen, Mélanies Art war mir fremd, ich hätte sie gern mehr als einmal geschüttelt, aber dann gab es auch wieder Momente, wo ich ihre Art zu denken oder auch ihre Sehnsucht zumindest im Ansatz nachvollziehen konnte.

Als sie jedoch YouTube für sich entdeckt und, inspiriert auch von anderen Familienkanälen, es für eine tolle Idee hält, ihre eigenen jungen Kinder Kimmy und Sammy dort zu zeigen und zu präsentieren war es für mich oft auch schwer zu ertragen.

Der Kanal „Happy Récré“ wird ein Riesen Erfolg. Mélanie berauscht sich an immer mehr Abonnenten, an der vermeintlichen Liebe, die ihren Kindern und ihr dadurch entgegen gebracht wird, sie wird immer professioneller was die Videos, die Regie, die Drehbücher und das Filmen angeht.

Es war für mich erschreckend und schwer auszuhalten, dass sie nicht sehen konnte oder wollte, wie sehr vor allem ihre kleine 6jährige Tochter Kimmy sich immer mehr gesträubt und verweigert hat. Nach einer Situation in ihrem zu Hause eingerichteten Filmstudio musste ich das Buch kurz weglegen. Das hat mich sehr getroffen.

Mélanies Ehemann Bruno, dessen Verhalten ich, auch gerade zum Ende der Geschichte so gar nicht nachvollziehen konnte, gibt sogar seinen Beruf zugunsten der Filmerei auf, da die Kinder mittlerweile durch ihre vielen Werbegeschenke und durch Werbung, die Mélanie geschickt in den Videos zu platzieren weiß, sehr viel Geld verdienen.

 

Mélanie entdeckt zusätzlich für sich Instagram, und von nun an haben die Kinder fast keine Zeit und Ruhe mehr und alles Vorstellbare und unvorstellbare wird mit ihren Followern und Abonnenten meist per Story geteilt.

Dann ist eines Tages Kimmy verschwunden und ich habe wirklich gehofft, dass Mélanie jetzt zumindest aufwacht und in das virtuelle Leben, das ihr anscheinend alles bedeutet und für mich eine regelrechte Flucht vor dem realem Leben darstellt, und die doch fremden Menschen aus dem Internet zurücklässt und im wahrsten Sinn des Wortes zur Besinnung kommt. Ich habe mich oft schwer getan, Mélanie zu verstehen oder sogar zu mögen. Manchmal habe ich sie im Ansatz nachvollziehen und mir ihren Antrieb und Motivation erklären können.

Den Schreibstil empfand ich allgemein als etwas distanziert, aber vielleicht ist das bei dem Thema auch so gewollt oder macht bei mir halt den Eindruck.

 

Die zweite Hauptfigur ist Clara, eine Polizistin, die mit der virtuellen Welt so gar nichts zu tun hat, aber mit dem Verschwinden Kimmys betraut wird. Leider blieb sie mir auch ein wenig fremd, auch wenn ihre außergewöhnliche Art schon auch fasziniert und interessant war. Die Auflösung von Kimmys Verschwinden hat mir dann auch gut gefallen.

 

Im nächsten Teil der Geschichte werden die möglichen Auswirkungen auf Kinder wie Sam und Kim beschrieben und ich musste schon ein paar Mal schlucken. Auch wenn ich hier nicht genau weiß, ob das so realistisch ist, finde ich es wichtig, diese möglichen Auswirkungen zu benennen. Es berührt Themen, die den meisten vielleicht gar nicht so klar sind und ich finde es gut, da auch mal den Finger drauf zu legen.

Um auch darauf hinzuweisen, wie sehr ein vorgeführtes, virtuelles Leben das reale Leben der Kinder beeinflussen kann.