spannende, sehr real dargestellte Unterhaltung, die fesseln kann
Zitat:
„Angst beginnt an den Haarwurzeln. Wie ein kühler Hauch weht sie einem über die Haut. Der Mund ist plötzlich trocken, das Herz schlägt schneller.“
(S. 29)
„Ich war eingetaucht in eine andere, fremde Welt. Angst hatte ich nicht mehr. Ich fühlte mich sicher und beschwingt.“
(S. 77)
„Ich wollte meine Ruhe haben. Aber die Klingel schrillte hartnäckig weiter, und schließlich ging ich doch an die Tür.“
(S. 126)
Inhalt:
Gemeinsam ziehen sie um die Häuser Berlins. Kaya, Chris, Moe, Steven und Lennart haben sich sozusagen gesucht und gefunden. Der Zwischenfall in der Diskothek schweißt sie noch mehr zusammen. Doch dann machen sie eine Entdeckung in einer alten verlassenen Fabrik. Dem anfänglichen Schock folgt Neugier.
Die Clique entdeckt eine neue Leidenschaft für sich. Nachts erkunden sie alte, sich selbst überlassene Häuser – Urban Exploring. Sie lieben es, die Atmosphäre der alten Krankenhäuser und Schulen in sich aufzunehmen und über die Vergangenheit der Gebäude zu spekulieren. Doch auch wenn es so scheint, die Häuser sind manchmal nicht so verlassen, wie man denkt!
Kurz darauf begeht Lennart einen großen Fehler. Die Versuchung war einfach zu groß. Und mit diesem bringt er nicht nur sich selbst in Gefahr!
Meinung:
Oftmals wird man ja tatsächlich von Büchern überrascht, die man eigentlich gar nicht auf dem Schirm hatte. Durch die Blogtour bin ich auf „Lost Places“ aufmerksam geworden. Nachdem mich das Cover und der Klappentext ziemlich neugierig gemacht hatten, musste das Buch einfach bei mir einziehen. So gespannt, wie ich war, habe ich nun auch gleich zu „Lost Places“ gegriffen.
Der Einstieg in diese Geschichte fiel mir leicht. Kaya, Chris, Moe, Steven und Lennart waren mir recht schnell vertraut. Durch kurze Erläuterungen wurden mir die wichtigsten Grundzüge von ihnen vermittelt, so dass ich mir alle Charaktere gut vorstellen konnte.
Der Plot selbst spielt in der heutigen Zeit. Einige Schauplätze der Handlung waren auch mir geläufig. Umso mehr fühlte ich mich Zug um Zug immer mehr in die Geschichte hineingesogen. Interessant waren aber auch die Schauplätze rund um die bekannten Ecken Berlins herum. Irgendwann war dann auch der Zeitpunkt erreicht, dass ich nur so durch die Seiten flog. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr hat mich Johannes Groschupf von seiner Idee überzeugen können.
Gut, es gibt auch kleinere Schwächen. Gestört haben sie mich nicht wirklich. Vor allem im Mittelteil konnte ich einige Handlungen der Charaktere nicht unbedingt verstehen. Aber wenn man die Gegebenheiten akzeptiert, wie sie in die Geschichte einfließen, hat man jede Menge Freude an der Geschichte.
Seine Charaktere beschreibt Herr Groschupf nicht wirklich in der Tiefe. Aber das, was er von ihnen preisgibt, verlieh mir so viel Vorstellungsvermögen, dass ich genaue Bilder von ihnen im Kopf hatte. Manchmal ist weniger eindeutig mehr!
Der Protagonist Lennart kommt von Beginn an eigentlich als Verlierer daher. Gerade erst hat er sein Abi nicht geschafft und hat auch nicht wirklich Lust darauf. Viel lieber hängt er mit seinen Freunden ab und lässt mit ihnen die Nacht zum Tag werden. Die Enttäuschung seiner Eltern ist ihm völlig egal. Er lebt im Hier und Jetzt! Wozu sollte man sich auch anstrengen… Doch dann bekommt er verschiedene Anstöße. Genau das hat er gebraucht. Moe ist daran nicht ganz unschuldig. Denn sie hat einen bis jetzt unvorhersehbaren, aber großen Einfluss auf sein Verhalten.
Lennart durchläuft eine Entwicklung, die seinesgleichen sucht. Mit jedem Rückschlag im Laufe der Handlung entwickelt er sich positiver. Kleine Ausrutscher lasse ich hier mal außen vor. Dennoch wirkt er gereifter, überlegter. Lennart ist kein Superheld, definitiv nicht. Aber was er so alles über sich ergehen lassen muss, erfordert schon Kondition und Willensstärke.
Mein Liebling in diesem Buch ist eigentlich Moe. Ich habe so meine eigene Vorstellung von ihr im Kopf. Einerseits verletzbar und schutzbedürftig, wirkt sie dennoch stark. Sie hat so manches kleine Geheimnis, welches mir stückchenweise offenbart wurde. Eindeutig ist sie ein abgerundeter Charakter, den man auf jeden Fall ins Herz schließt. Doch auch Moe entwickelt Tendenzen, die man so bei ihr nie erwartet hätte. Moe ist jemand, den man einfach nur in den Arm nehmen möchte, um sie vor den Widrigkeiten der realen Welt in Schutz zu nehmen.
Johannes Groschupf präsentiert diese Geschichte in Vergangenheitsform aus der Sicht von Lennart. Die Perspektive ist aus meiner Sicht sehr gut gewählt, denn gerade Lennart treibt die Geschichte förmlich voran. Der Autor hat es geschafft, mit wenigen Mitteln eine permanente Spannung aufzubauen, die man aufgrund der vorherrschenden Szenen eigentlich gar nicht so erwartet. Die Ereignisse werden nüchtern beschrieben, ohne zu sehr ins Detail zu gehen. Allgemein mag ich ja tiefergehende Beschreibungen im seltensten Fall. Gern überlasse ich so manchen Entwicklungen meiner eigenen Fantasie. Und das war hier genau richtig angesetzt.
Sieht man von kleinen Unebenheiten ab, hat mich „Lost Places“ wirklich richtig, richtig gut unterhalten können. Die Geschichte war sehr real dargestellt, könnte aus meiner Sicht auch jederzeit so passieren und hat mich so gefesselt, dass ich wirklich durch die Seiten gerast bin.
Urteil:
Die Lesespannung in „Lost Places“ wurde mit kleinen Mittel so hoch gehalten, dass ich mich von diesem Sog kaum befreien konnte. Die schönen Lesestunden belohne ich deshalb mit sehr, sehr guten 4 Büchern.
Für alle Liebhaber realer Entwicklungen, die erzählte Handlungen einfach akzeptieren können und eine grundlegende nüchterne Spannung akzeptieren.
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