Rezension

Sehr emotional, wenn man sich auf den Schreibstil einlässt

Ich, Ellyn
von Nell Leyshon

Bewertet mit 5 Sternen

Ich bin, was ich bin.

Inhalt:
England 1573. Ellyn wächst in ärmlichen Verhältnissen auf einem Bauernhof auf. Ihr Alltag ist hart. Vom Bruder wird sie schikaniert. Trost gibt ihr ihre neugeborene Schwester Agnes, die sie über alles liebt. Eines Tages hört sie beim Besuch des Marktes Gesangsstimmen in einer Kirche, die sie tief im Inneren berühren. Fortan hat sie nur noch einen Wunsch: selbst so schön zu singen. Doch trotz Talent wird sich dies wohl nie erfüllen. Denn sie ist ein Mädchen. Nur Jungs dürfen in den Chor. Da fasst sie einen Entschluss, der ihr Leben für immer verändern wird......

Leseeindruck:
Wer "Ich, Ellyn" lesen möchte, muss sich auf den besonderen Schreibstil einlassen. Alles ist ohne Punkt und Komma niedergeschrieben. Großbuchstaben Fehlanzeige. Zudem sind die Sätze grammatikalisch falsch. Das spiegelt jedoch meiner Meinung nach gut die Verhältnisse aus denen Ellyn kommt wieder. Ich konnte mich so tief in sie hineinversetzen. Habe ihre Qualen förmlich gespürt. Im Laufe der Geschichte macht Ellyn eine Entwicklung mit. Passend dazu ändert sich auch der Schreibstil. Fast unmerklich. Plötzlich gibt es da Satzzeichen. Ein anderes Mal kommen Großbuchstaben hinzu. Bis am Ende die Sätze beinahe wie in einem normalen Roman sind. Genau das hat es ausgemacht, dass ich gebannt an den Zeilen gehangen habe. Immer weiter lesen wollte. Gut dazu haben auch die teilweise sehr kurzen Kapitel gepasst. Die Geschichte um Ellyn hat mich emotional tief berührt. Für mich war die Art wie sie geschrieben ist einfach genial. Es gibt jedoch auch ein "aber" und der Plot beschäftigt mich im Nachhinein immer noch. Meine Gedanken können nicht alles Gelesene in Einklang bringen. Da ist zum einen das Ende, welches ich relativ offen finde und mir nicht ganz einen Reim drauf machen kann. Selbst bei mehrmaligem Anschauen. Zum anderen wird während des Lesens klar, dass Ellyn ihre Erlebnisse wohl für ihre geliebte Schwester Agnes aufschreibt. Das interpretiere ich jedenfalls aus einem Satz, der in der Mitte des Romans steht. Doch wenn das so wäre, wäre es ganz und gar nicht logisch, dass die Geschichte den bereits erwähnten besonderen Schreibstil hat. Denn würde Ellyn das nicht erst aufschreiben, wenn sie einigermaßen lesen und schreiben kann, sich somit bereits entwickelt hat und die Wortwahl eine andere ist? Wie dem auch sei. Ich werde mir wohl den Kopf dahingehend weiter zerbrechen müssen.

Fazit:
Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das mich so tief berühren konnte und ich mich in eine andere Zeit versetzt gefühlt habe. "Ich, Ellyn" hat das geschafft. Man muss sich nur auf den Schreibstil einlassen. Meine oben aufgeschriebenen Gedanken wische ich dabei gerne zur Seite (was eigentlich nie vorkommt) und vergebe diesem besonderen Roman gerne die volle Punktzahl. Von mir eine unbedingte Leseempfehlung für alle, die bereit für dieses außergewöhnliche Abenteuer sind. Denn Ellyn ist, was sie ist.