Rezension

Schade, dass es so kurz ist...

Aufzeichnungen eines Serienmörders - Young-Ha Kim

Aufzeichnungen eines Serienmörders
von Young-Ha Kim

Bewertet mit 5 Sternen

Worum es geht: 
Rentner Byongsu Kim erhält eine zerstörende Diagnose: Alzheimer. Gemeinsam mit seiner Tochter versucht er sein Leben neu zu ordnen. Dazu gehört ein Heft, in dem er sich alles aufschreibt. Unter anderem auch alle seine Morde, denn der Rentner war nicht nur Tierarzt, sondern auch ein Serienmörder. Damit hatte er eigentlich abgeschlossen, aber nun sieht er seine Tochter in Gefahr und plant einen weiteren Mord.
"Der Mensch ist ein Häftling, eingekerkert in einem Gefängnis namens Zeit. Ein demenzkranker Mensch ist ein Häftling, eingekerkert in einem Gefängnis, das immer schneller immer kleiner wird. Bis man keine Luft mehr bekommt."  
Meine Meinung: 
Mit "Ein einfaches Leben" hat es angefangen und spätestens seit "Der Riss" ist klar; mehr koreanische Literatur für mich! Zum Glück hat sich der Cass Verlag das gleiche gedacht, und publiziert die interessantesten Titel endlich auf deutsch. 
Die Geschichte um einen Rentner der noch schnell einen Mord über die Bühne bringen muss, bevor er alles vergisst hatte mich in seinem Bann. Das Buch ist ein koreanischer Bestseller, der auch bereits verfilmt wurde. 
Ich liebe ja Romane aus der Sicht eines unzuverlässigen Erzählers. In einer Szene nervt ihn der Nachbarshund, nur um zu erfahren, dass es seiner ist. Paar Seiten später fragt man ihn, was er mit dem fremden Hund will. Und so rätselt der Leser gemeinsam mit dem Mörder was nun Realität ist und was nicht. 
Er erkennt in dem Verlobten seiner Tochter einen weiteren Mörder, und versucht sie vor ihm zu schützen. Das Gefühl, dass die Zeit davonrinnt, ist allgegenwärtig. Das Buch hat zwar nur 150 Seiten, weiß diese aber absolut zu nutzen um einen richtigen Schlag in die Magengrube zu setzen. Dank der kurzen Tagebuchähnlichen Abschnitte ist man schnell in der Lektüre versunken. Man fühlt sich wie ein Voyeur, der in ein Leben reinlinst, das man besser nicht sieht. Vor allem hat mich die Perspektive der Morde aus der Sicht des Mörders interessiert. Hier ist dann mein einziger Kritikpunkt, die Motive der Morde habe ich nicht wirklich verstanden. Soll aber vielleicht auch wegen des Alzheimers so sein. 
"Verliert man das “Vergangenheitsgedächtnis”, weiß man nicht mehr, wer man ist. Verliert man das Zukunftsgedächtnis, verharrt man für immer in der Gegenwart. Welchen Sinn hat die Gegenwart, wenn es weder Vergangenheit noch Zukunft gibt? Doch was will man machen? Wenn die Schienen unterbrochen sind, muss der Zug eben anhalten."
Die Alzheimer Darstellung fand ich sehr gelungen, und wird auch in der Buchgestaltung vom Cass Verlag aufgenommen. Wer genau hinschaut bemerkt, wie die Seitenzahlen langsam verblassen. Ein Titel den man unbedingt zweimal lesen sollte. Das Buch weiss auf voller Linie zu Überzeugen! Schade, dass es so kurz ist.