Rezension

Resignieren oder aufbegehren?

Unsre verschwundenen Herzen
von Celeste Ng

Bewertet mit 4 Sternen

Eine nachdenkliche Dystopie über das Leben in einer Gesellschaft, die von Rassismus, Angst und Misstrauen geprägt ist.

Wir befinden uns in naher Zukunft in den USA. Das Land befindet sich in einer Wirtschaftskrise, an der die asiatischen Staaten die Schuld tragen sollen. Alle Menschen mit asiatischen Wurzeln werden verfolgt,  ihre Kinder werden abgeholt und bei Pflegeeltern untergebracht. Der zwölfjährige Noah, der sich selbst gerne Bird nennen lässt, lebt alleine mit seinem Vater – seine Mutter Margaret Miu, die asiatische Vorfahren hat, hat die Familie zu deren Sicherheit bereits vor Jahren heimlich verlassen. Eines Tages erhält Bird einen Brief ohne Absender, der nur eine seltsame Zeichnung enthält. Bird vermutet darin eine Nachricht seiner Mutter und macht sich auf die Suche nach ihr …   

Celeste Ng ist eine us-amerikanische Schriftstellerin. Sie wurde 1980 in Pittsburgh als zweite Tochter ihrer aus Hongkong eingewanderten Eltern geboren. An der Harvard University und an der University of Michigan studierte sie Englisch und Kreatives Schreiben. Vor „Unsre verschwundenen Herzen“ schrieb Celeste Ng bereits zwei Romane, die auch international viel Beachtung fanden.

Der Anfang der Geschichte lässt sich sehr gut an: ein alleinerziehender Vater, die Mutter spurlos verschwunden, der Junge mit nur vager Erinnerung an sie. Als Leser ist man sofort im Sog des Geschehens da man erfahren und verstehen möchte, warum sie ihre Familie verlassen hat. Auf der Suche nach seiner Mutter entdeckt Bird die Bibliothek als Ort des konspirativen Widerstandes und erfährt dort einige Episoden aus seiner Kindheit. Er erkennt auch, dass die verwendete Parole der Widerstandsbewegung aus einem Gedicht seiner Mutter stammt und ihn zu ihr führen könnte. Hoffnung auf eine bessere Zukunft ohne Angst keimt auf.

Die Geschichte ist aus verschiedenen Blickwinkeln geschrieben, ohne die wörtliche Rede besonders hervorzuheben. Leider entsteht dadurch etwas Verwirrung da nicht immer klar zu erkennen ist, welche Person und wessen Gedankengänge gerade zu Wort kommen. Birds Gefühle sind klar zu erfassen und nachvollziehbar, während die Gefühlswelt der Mutter für mich rätselhaft und unverständlich ist. Einige Aspekte der Geschichte, wie z.B. die Ursachen die zu der Krise im Land führten, bleiben undurchsichtig und werden nicht näher erläutert. Durch häufig eingefügte Rückblenden auf frühere Begebenheiten zieht sich die Spurensuche nach Birds Mutter sehr in die Länge. Das Ende der Geschichte von Bird und seiner Mutter ist sehr gut gelöst, unbefriedigend und zum Nachdenken anregend, aber genau passend – und vieles bleibt weiterhin ungeklärt und rätselhaft.

Fazit: Ein dystopischer Roman der eine Gegenwart beschreibt, die unsere Zukunft sein könnte. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 05. November 2022 um 18:52

Ein bisschen zu lieblich ist es schon - oder?