Rezension

Reise ins grausige Mittelalter...

Der Halbbart - Charles Lewinsky

Der Halbbart
von Charles Lewinsky

Bewertet mit 4 Sternen

Aufmerksam geworden bin ich auf diesen Roman aufgrund der Buchpreisnominierung. Gebannt begann ich zu lesen.

In der Geschichte geht es um den etwa Zwölfjährigen Sebi, der am liebsten Geschichten hört und auch gern selber Geschichten erzählen würde. Er träumt gern vor sich hin, doch ist das gut in Zeiten des düsteren Mittelalters?

Der Roman besticht vor allem durch seine Sprachgewalt, denn der Erzählstil und die verwendeten Worte sind einfach nur schön. Ich habe mir viele kluge Sätze notiert.

Sebi fungiert als Ich- Erzähler und war mir bereits auf den ersten Seiten sympathisch, da ich mich sehr gut mit ihm identifizieren konnte. Als Kind und manchmal auch heute noch, träume ich mich gerne mal weg und vergesse die Welt um mich herum. Unser Eusebius hat ein Talent für das Beobachten und Werten vom Verhalten anderer. Hier hatte man oft das Gefühl, dass er längst erwachsen ist, was vielleicht an der rauen Zeit liegt, in der er groß wird.

Seine beiden Brüder könnten unterschiedlicher kaum sein. Während ich Geni sehr bewundert habe wie er mit seinem Schicksal umgeht, so habe ich Poli so manches Mal verwünscht für seine gewalttätige Art.

Meine absolute Lieblingsfigur hingegen war der Namensgeber des Buches: der Halbbart. Er ist ein Mensch mit sieben Siegeln. Manche Geheimnisse um ihn werden gelüftet, als Leser ist man fasziniert von ihm und seinem Schicksal. Leider verblasst er im Verlaufe der Geschichte immer mehr und ich habe nicht alles erfahren was ich mir gewünscht hatte. Und die Andeutungen waren meines Erachtens zu wenig, um sich als Leser seine Geschichte selbst weiterspinnen zu können. 

Besonders eindrücklich ist es dem Autor gelungen das Mittelalter darzustellen, denn es ist von Grausamkeiten und Entbehrlichkeiten geprägt. Ich musste ein ums andere Mal schlucken was die Figuren des Romans so aushalten müssen.

Während ich bis ungefähr zur Mitte des Buches richtig Freude an der Geschichte hatte und kaum aufhören konnte zu lesen, ließ sich die Lektüre mit der Zeit immer beschwerlicher lesen und ich kann gar nicht genau sagen wieso. Irgendwie fesselte mich das Erzählte nicht mehr so sehr, ich brauchte lange, um das Gelesene zu verarbeiten und oft liefen angefangene Erzählstränge irgendwie ins Leere.

Und so verbleibe ich nach der Lektüre etwas ratlos zurück. Selten musste ich so lange über einer Rezension sitzen, eh mir die richtigen Worte einfielen. Der Roman ist gewiss nicht schlecht, hat meine Erwartungen einfach nur bedingt erfüllt.

Fazit: Sprachlich eine Wucht, zum Schluss etwas zäh. Als Leser wird man immer wieder gefordert, das muss man mögen. Ich spreche dennoch eine Empfehlung aus, weil mich die Lektüre sehr nachdenklich gestimmt und mir einiges abverlangt hat.