Rezension

Potenzial nicht ausgeschöpft

Die Mitternachtsbibliothek -

Die Mitternachtsbibliothek
von Matt Haig

Bewertet mit 3 Sternen

Ein fantasievoller Roman, der sein Potenzial nicht ausschöpft. Mit einigen Längen und Merkwürdigkeiten, doch letztendlich einer hoffnungsvollen Botschaft.

Nora Seed nimmt sich das Leben. Sie geht in einen Schwebezustand zwischen Leben und Tod über und landet in der Mitternachtsbibliothek. Dort kann sie alle Leben ausprobieren, um die sie trauert und kann die Entscheidungen rückgängig machen, die sie am meisten bereut.

Die Geschichte ist anfänglich eher bedrückend, Nora's Leben hoffnungslos. Das Herunterzählen der Stunden vor ihrem Suizidversuch wirkt etwas makaber. Kapitelweise spitzt sich die Situation immer mehr zu, insofern erhöht der Herunterzählen auch die Spannung. Die Hoffnung richtet sich dabei auf die Ausgestaltung des Lebens nach ihrem Tod. Haigs Idee mit der Bibliothek zwischen Leben und Tod ist interessant und eröffnet Nora Möglichkeiten ihr Leben zu überdenken. Die Geschichte bekommt dadurch mehr Tiefe und macht nachdenklich. Aber was ist denn die Lösung? Muss man einfach nur das "richtige" Leben wählen? Dieser Teil des Buches, die Suche nach dem richtigen Leben, zieht sich für mich sehr in die Länge. Die Leben werden negiert, als wäre mit einer Enttäuschung schon alles an dem Leben falsch. Das erscheint mir zu platt und die Botschaft falsch. Die weiteren Entwicklungen erscheinen mir dann stimmiger und söhnen mich mit der Geschichte aus. Es mag sein, dass das Ende zu schön ist. Es gibt aber nichts über eine hoffnungsvolle Botschaft und die findet sich hier.
Nora wirkt, trotz der tiefen Einblicke in ihr Seelenleben, unnahbar. Ihre Entwicklung wirkt ein wenig aufgesetzt, weil sie schnell passiert. Die anderen Charaktere tauchen nur als Randfiguren auf und haben wenig Tiefe. Schade!
Hinzu kommt, dass sich die Geschichte merkwürdig entwickelt, nicht erst als sogenannte "Slider" thematisiert werden. Es erklärt sich nicht immer, weswegen bestimmte Ereignisse/Menschen für die Geschichte wichtig sind. Es wird zu viel angeschnitten, aber nicht vertieft. Die Umsetzung der Thematik wirkt auf mich platt und entfaltet nicht ihr Potenzial. Das zeigt sich auch darin, wie Depressionen, Selbstverletzungen und Panikattacken zwar als Thema eingebracht, aber nicht immer mit den Ereignissen verbunden werden. Es ist, als stehe ein Elefant im Raum.

Ein fantasievoller Roman, der sein Potenzial nicht ausschöpft. Mit einigen Längen und Merkwürdigkeiten, doch letztendlich einer hoffnungsvollen Botschaft.