Rezension

Nicht so hinreißend wie erhofft

Bis ans Ende aller Fragen -

Bis ans Ende aller Fragen
von Anne Hertz

Bewertet mit 3 Sternen

Seit Jahren gibt es endlich wieder mal einen neuen Anne-Hertz-Roman – für mich als Fan des Autorinnen-Schwestern-Duos waren das grandiose Neuigkeiten. Zahlreiche ihrer Romane habe ich daheim bereits im Regal stehen und sofern sich ihr locker-leichter Schreibstil nicht verändert haben sollte, war ich überzeugt davon, dass ich auch dieses neue Werk gleich ins Herz schließen würde. Leider haben sich meine - zugegeben hohen - Erwartungen nicht erfüllt, stattdessen war ich letztlich sogar etwas enttäuscht von der Geschichte, deren Grundidee und Handlungseinstieg mir zunächst recht gut gefallen hatten.

Maxi, Ü40, sehnt sich nach einer eigenen Familie mit Kindern – schwierig, so ganz ohne Partner. Ihr Ex hat sie durch eine Jüngere ersetzt und seitdem herrscht Ebbe an der Männerfront. Maxis Geschwister starten zwar regelmäßig Kuppelaktionen, davon ist die Cafébesitzerin allerdings wenig begeistert. Ihre Nichte Summer hat den Geistesblitz, Maxi zu einer Trauergruppe zu schleppen, um dort attraktive Witwer kennenzulernen. Ehe die überrumpelte Maxi die verfahrene Situation aufklären kann, sieht sie sich einer vielversprechenden Bekanntschaft gegenüber und hat zudem auch das Interesse eines anderen Trauernden geweckt. Wie soll sie den beiden Männern nun beichten, dass sie in Wirklichkeit gar nicht unter einem schweren Verlust leidet, sondern lediglich an ihrem nicht existenten Liebesleben verzweifelt?!

Zu Beginn der Handlung empfand ich Maxi, aus deren Sicht erzählt wird (- inklusiver kurzer Rückblicke in Form von Tagebucheinträgen aus ihrer Jugend -) als spontan, aufgeweckt und nett; sie hat ihr Café gut im Griff, ist Summer eine liebevolle, coole Tante und scheint generell ihren Mitmenschen gegenüber viel Mitgefühl zu haben. Kurzum: eine angenehme Person, der man von Herzen Glück gönnen würde. Mein positives Bild von ihr geriet allerdings im Laufe der Handlung immer mehr ins Wanken und gegen Ende war Maxi mir schlichtweg unsympathisch. Sie ist flatterhaft, respektlos und unbeständig, weiß nicht, was sie will und lügt sich durchs Leben (- hiermit meine ich nicht die im Klappentext angekündigte große Lüge im Rahmen der Trauergruppe, diese war mir schließlich im Vorfeld bekannt und ich war gespannt, wie diese Entwicklung wohl gestaltet werden würde -). Zudem verhält sie sich egoistisch, und dermaßen unreif, dass man sie am liebsten schütteln würde. Zwar erkennt Maxi ihr Fehlverhalten und schimpft regelmäßig mit sich selbst (wie mies sie sich doch benähme und dass sie eine verlogene Kuh sei etc.) – das war es dann aber auch schon. Selbstmitleid statt Besserung, lieber vor Problemen weglaufen, anstatt sich ihnen zu stellen oder einfach mal die Wahrheit zu sagen.

Inhaltlich war ich nicht von der Geschichte überzeugt, die so vielversprechend begonnen hatte und aus deren kreativer Grundidee man einiges hätte machen können. Aufgrund der zu überzogenen, unglaubwürdigen Entwicklungen musste ich so manches Mal mit den Augen rollen. In unterhaltsamen Feel-good-Stories wird hinsichtlich unwahrscheinlicher Zufälle ja gerne ein bisschen übertrieben, das ist auch völlig okay, doch hier war es einfach zu viel des Guten. Selbst der Hertz-typische Humor wirkte irgendwie erzwungen und verkrampft. Im Vergleich zu den vorherigen Werken verblasst dieser Roman gänzlich. Mir fehlte das Gefühl, die tiefgründig ausgearbeiteten Figuren und die optimistische Grundstimmung; große Passagen hatten in meinen Augen einen eher negativen, pessimistischen Unterton – vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil die Hauptprotagonistin mit der Zeit immer anstrengender wurde.

Das Cover hätte ich farbenfroher gestaltet, insbesondere da die peppige, knallige Hintergrundfarbe ein bekanntes optisches Wiedererkennungsmerkmal aller bisherigen Hertz-Bücher gewesen war; dagegen sieht der weiße Hintergrund hier relativ nichtssagend aus. In der Buchhandlung wäre ich an dem Roman glatt vorbeispaziert.

Fazit: Leider kein Vergleich zu den wundervollen Anne-Hertz-Werken der Vergangenheit. Schade!