Rezension

Nachkriegsdeutschland

Ada
von Christian Berkel

Bewertet mit 3 Sternen

Als „Kriminalist“ denkt sich Christian Berkel gern in Täter hinein. Als Schriftsteller hat er die fiktive Lebensgeschichte von Ada erdacht. Da er in seinem Roman unter anderem die Lebensgeschichte seiner Eltern verarbeitet und Adas kleiner Bruder – wie Berkel selbst – 1957 geboren wurde, könnte man meinen, es handelt sich um seine große Schwester. Doch die gibt es in Wirklichkeit nicht; Berkel hat allerdings einen Bruder in Adas Alter.

Der Roman ist in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt, als Eltern ihre Vergangenheit totschwiegen. So Vieles, was sie hautnah miterlebt haben, war ein Tabuthema – ebenso wie jegliche Sexualität. Ada, 1945 in Leipzig geboren, wuchs die ersten Lebensjahre in Argentinien auf, da die Mutter als Halbjüdin Deutschland verließ. 1954 kehrten beide nach Berlin zurück, wo Adas Vater bereits mit einer anderen Frau verheiratet war. Nach seiner Scheidung wurden sie zu einer Familie.

In eindrücklichen Szenen widmet sich der Autor den großen Emotionen der Geschichte: dem Mauerbau und der anschließenden Angst, dass Westberlin von der Landkarte getilgt wird. Weder die ausgefallene Aufklärung noch die Zeit der 68-Kommunen, noch der Mauerfall kommen zu kurz. Der Autor bemüht sich, sich in Ada hineinzuversetzen, was ihm meiner Meinung nach aber nicht überall gelungen ist.

„Ich glaube, ich weiß jetzt, was ich erreichen will; ein Mann will ich werden, dann muss ich nicht mehr darüber nachdenken, was alles falsch an mir ist, warum ich mich aus dieser verdammten Lage befreie, oder mich möglichst elegant und unaufdringlich aus der Welt schaffe“, gesteht Ada auf Seite 249 ihrem Psychiater, den sie als 45jährige aufsucht. Viel später klagt sie darüber, dass sie es nicht geschafft hat, sich anzupassen. „Ich suchte so lange nach dem Bett, in das ich passte, bis ich keinen Schlaf mehr fand“ (Seite 345).

Die Themen, die Berkel aufgreift, regen zum Nachdenken an. Trotzdem bin ich mit dem Buch nicht so richtig warm geworden. Zum einen irritierte mich, dass ein Mann in der Ich-Form über eine Frau schreibt. Die weiblichen und männlichen Denkansätze sind in meinen Augen zu unterschiedlich. Zudem sind mir manche Szenen etwas zu sehr ausgewalzt, so dass es mir schwer fiel, an diesen Stellen die Konzentration zu halten.

Fazit: Die Idee, die deutsche Geschichte anhand tatsächlicher und fiktiver Personen aufzuarbeiten, ist nur teilweise gelungen.