Rezension

Milieustudie aus Glasgow

Shuggie Bain -

Shuggie Bain
von Douglas Stuart

Bewertet mit 3 Sternen

„Shuggie Bain“, Douglas Stuarts Debüt- Roman, hat im letzten Jahr Kritiker wie Publikum begeistert und u. a. den Booker Prize bekommen, Englands höchste literarische Auszeichnung. Diese Meriten machen einen natürlich neugierig auf das Buch, aber ach, wie so oft wurden meine Erwartungen dann doch enttäuscht. Weder die Story an sich, noch die Figuren konnten mich letztlich überzeugen, und hinter der Übersetzung steht ein großes Fragezeichen. 
Stuart erzählt in seinem Erstling die Geschichte von Hugh Bain, genannt Shuggie, dessen Leben schicksalhaft mit dem seiner alkoholkranken Mutter verbunden ist. Wir befinden uns im Glasgow der 1980 er Jahre und Margaret Thatchers Politik hat das Land heruntergewirtschaftet. Am Ärgsten trifft es wieder die ohnehin schon Armen. Agnes Bain, Shuggies wunderschöne Mutter, die außer ihrer Schönheit nicht viel hat, wird von ihrem zweiten Ehemann, Shug, verlassen und mit dem gemeinsamen Sohn und zwei älteren Kindern aus erster Ehe, als letzte Liebesgabe in einer heruntergekommenen Arbeitersiedlung einquartiert. Hier muss sich Shuggie, der feminine Knabe, gegen die verrohten Kinder und Sitten behaupten und versucht vergeblich, seine Mutter, welche sein einziger Dreh - und Angelpunkt ist, zu retten. 
Das ist alles in allem ein trostloses Setting und eine hoffnungslose Geschichte, auch wenn Stuart am Ende einen Hoffnungsschimmer zulässt. Die Figur der Agnes, hat Stuart seiner eigenen Mutter nachempfunden, und auch Shuggie selbst könnte das Alter Ego des Autors sein. Erstaunlich, dass ich trotz der Nähe des Autors zu seinen Figuren, diese Nähe emotional nicht nachfühlen kann und mir die Charaktere fremd bleiben. Das Elend in diesem Roman, ist so überwältigend und teilweise ekelerregend, dass es den Leser irgendwann einlullt und auch die Sprache, die ich zumindest in der bemühten deutschen Übersetzung nicht gelungen finde, trägt dazu bei, dass das Milieu vielleicht noch abstoßender und vulgärer wirkt, als beabsichtigt. Des Öfteren habe ich mich geärgert, nicht die Original- Version zu lesen. 
Natürlich gibt es auch sprachliche, wie übersetzerische Glanzlichter: 
“Sie trank den Rest einer alten Dose Lager aus und fragte sich, wo sich ihr Junge vor seiner Kindheit versteckte.“ 
Besser kann man eine trostlose Kindheit nicht beschreiben. 
Der Glasweger Slang dagegen ist für meine Begriffe kaum zu übersetzen, und leider wirkt die Sprache dadurch wahrscheinlich ordinärer, als sie in Wahrheit ist. 
Ich habe mich leider mit dem Buch sehr schwer getan, auch wenn ich es von ganzem Herzen mögen wollte.