Rezension

Menschenfreundin

Über Menschen
von Juli Zeh

Bewertet mit 5 Sternen

Als Dora mit ihrer Hündin Jochen-der-Rochen in das kleine Dorf Bracken zieht, flieht sie nicht nur vor der Corona-Pandemie und ihrem umweltfanatischen Freund, sondern auch vor den Ansprüchen der Welt und sie hofft in Brandenburg zu sich selbst zu finden. Doch die erwartete Idylle bekommt schnell Risse, als sich ihr Nachbar als "Gote, der Dorf-Nazi" vorstellt und auch sonst einiges schief geht. Die Dorfbewohner drängen sich ungefragt in ihr Leben, sind zwar hilfsbereit, aber oft auch irritierend. Dann taucht auch noch Gotes kleine Tochter Fränzi auf, ist sehr anhänglich und sucht einen Weg aus der Vernachlässigung durch den Vater. Eine schwierige Gemengelage!

Es wurde oft kritisiert, dass Juli Zehs Buch zu nah an unserer momentanen Realität ist, doch das stört mich nicht. Zwar tauchen Corona-Schutzmasken und Ausgehverbote auf, aber sie dominieren das Buch nicht, sondern sind eher wie ein Hintergrundrauschen. Auch Umweltproteste und Rassismusvorwürfe gehören zu unserem Leben dazu, warum soll man das nicht thematiseren?

Zeh vermeidet es die Menschen in Schubladen zu stecken. Gote ist nicht nur fies, er baut Dora ein Bett und hilft ihr bei vielen Dingen. Wie schon in Unterleuten zeichnet Zeh ein differenziertes Bild vom Leben auf dem Land. Man merkt, dass sie sich damit auskennt und jegliche Idealisierung vermeidet.

Ich mag Zehs Art zu erzählen. Sie ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch anspruchsvoll, manchmal lustig, manchmal ironisch oder sarkastisch.

Ein Buch, dass ich sehr gern gelesen habe und bei dem ich mich auch trotz aller Tragik gut unterhalten gefühlt habe.

Von mir gibt es eine unbedingte Leseempfehlung!