Rezension

mehr wahr als erfunden

Vati -

Vati
von Monika Helfer

Kennen wir unsere Väter? Und können wir sie kennen? Monika Helfer sucht in den Spuren des gemeinsamen Lebens nach ihrem Vater und findet ihn dort, wo er hingehört: in der Familie. Der kurze Roman strahlt eine solche Wärme und Nähe aus, die sich auf wunderbare Weise mit einem wachen Blick für die kleine Geste und das unabdingbare Detail vermengt, dass die „Bagage“ und „Vati“ einem schon sehr bekannt vorkommen. Die Autorin sucht in ihrem Vater nicht nur diesen, sondern auch sich selbst, ihre Familie und den Sinn des Lebens. Denn im Spiegel des elterlichen Lebens steht jeder vor dem Vergleich: Bekomme ich mein Leben ebenso gut hin? Bin ich glücklich, wie ich bin? Waren es die Eltern? Und deren Eltern im Vergleich?

Die Ich-Erzählerin nähert sich diesen Fragen und ihren Figuren in kleinen und großen Geschichten, komponiert zarte Zeitsprünge so ein, dass sogar Spannung aufkommt, etwa bei den „beiseitegeschafften“ Büchern und ihren Konsequenzen oder wenn es um das Schicksal von Paula geht, der Tochter der Erzählerin. Ist das, was erzählt wird, die Wahrheit? Aber ja. Ist es also nicht erfunden? Doch – denn die Geschichte muss nicht exakt sein, sie ist dennoch „mehr wahr als erfunden“ (S. 9), weil darüber noch das Allgemeingültige funkelt.

Deshalb findet man sich beim Lesen auch selbst ständig wieder, weil so viel Wahres an der Geschichte ist – ich für meinen Teil nicht nur etwa in der Beschreibung Vatis als Buchmenschen, dem nicht nur das Lesen, sondern auch der Gegenstand des Buches wichtig ist (S. 21).

Wenn es am Ende heißt: „Wir alle haben uns sehr bemüht“ (S. 173), dann ist kein fatales Urteil ausgesprochen wie in einem Arbeitszeugnis, sondern eine hilfreiche Regel formuliert, wie das Leben gelingen kann: indem sich alle bemühen.

Ich kenne Monika Helfers Erfolgsroman „Bagage“ noch nicht- das muss ich nun aber dringend nachholen!