Rezension

Macht sich als Serie sicher fantastisch

Goldene Flammen - Leigh Bardugo

Goldene Flammen
von Leigh Bardugo

Bewertet mit 4 Sternen

Ende April wird auf Streamingdienst Netflix die Serie "Shadow and Bone – Die Legenden der Grisha" starten, die zu gleichen Teilen auf der Grisha- als auch auf der Krähen-Reihe von der Autorin Leigh Bardugo beruhen wird. Grund genug, endlich in diese literarische Fantasywelt einzutauchen, die bei mir schon lange genug auf dem Stapel ungelesener Bücher ruht. Zudem muss man bedenken, dass die Grisha-Reihe beinahe schon zehn Jahre alt ist und nun – vermutlich wegen der Ankündigung der Serie – von Knaur noch einmal neu aufgelegt worden ist. Seitdem ist das Genre dank Erfolgen von Reihen wie "Harry Potter" oder "Game of Thrones" regelrecht überflutet worden und fällt schwer, noch wirklich Neues zu entdecken. Wie fällt also mein Eindruck zu "Goldene Flammen" aus?

Ich habe beim Lesen relativ schnell gemerkt, dass meine Bewertung des Auftaktbandes vermutlich ganz anders aufgefallen wäre, wenn ich die Grisha-Reihe im Rahmen ihrer Erstveröffentlichung gelesen hätte. Seitdem habe ich weitere Fantasyreihen entdeckt, obwohl Fantasy gar nicht mein bevorzugtes Genre ist, und so kann ich nun wahrlich nicht behaupten, bei Bardugo das Rad neu entdeckt zu haben. Aber es bleibt das Argument, dass sie vor einigen anderen veröffentlicht hat und dass ich ihre Bücher nun nur nach anderen lese. Deswegen darf das Wiederentdecken von altbekannten Elementen hier die Bewertung nicht gravierend beeinflussen. Zumal man beim Lesen auch schnell merkt, dass die dargestellte Welt sehr detailverliebt gestaltet worden ist. Es wurde eine ganz eigene Landschaft mit zahlreichen Städten aufgebaut, dazu gibt es ganz eigene Begriffe und Weltordnungen. Und das ist bei Fantasy komischerweise keine Selbstverständlichkeit. So habe ich einige Reihen gelesen, in denen das World Buildung nur mit mangelhaft bewertet werden kann und das kann man Bardugo nun wahrlich nicht vorwerfen.

Trotz abgebildeter Landkarte und trotz erster begrifflicher Einordnungen vorweg ist es keine einfache Aufgabe, sich in der Welt der Grishas auf Anhieb zurechtzufinden. Aufgrund vieler neuer Begrifflichkeiten muss man diese zunächst im Hinterkopf behalten und sich damit abfinden, dass man gleich mitten im Geschehen ist. Aber man wird als Leser*in nicht zurückgelassen, denn nach und nach klären sich Fragezeichen auf. Da Fantasy aber noch nie ein Genre zum Abschalten war, ist das ein ganz logischer Prozess. Hat man erst einmal die Basics der Grisha-Welt beisammen, kann man sich auch völlig auf das Lesen und damit Erleben einlassen. Dabei wurde mir schnell deutlich, dass mir die Grundidee des Buchs sehr gut gefällt. Zudem ist mit Alina eine Protagonistin geboten, die zwar als typische Retterin dargestellt wird, die charakterlich aber erst noch ordentlich in diese Rolle hineinwachsen muss und diese Reise erweist sich als sehr spannend, zumal sie mit dem Ende des Buchs auch definitiv noch nicht fertig vollzogen ist.

Was sich das Buch aber vorwerfen lassen muss, ist die Oberflächlichkeit bei Handlungsentwicklungen. Dass sich die Geschichte bei elendigen Beschreibungen nicht aufhält, ist lobenswert, aber wenn es dann ums Eingemachte geht, dann darf sich nicht alles so schnell ereignen, dass man logisch nicht mehr mitkommt. Alinas Ausbildung bei den Grishas verläuft beispielsweise auf der Überholspur. Während sie sich zunächst vergeblich abmüht und nur Zufallstreffer mit ihren Fähigkeiten landet, sorgt ein Wendepunkt für eine regelrechte Offenbarung, die ich aber nicht als realistisch empfand. Dieses Bild zeigt sich gleich mehrfach. Die Hektik in den Entwicklungen wird aber immer dadurch aufgewertet, dass sich dadurch immer neue spannende Wendungen ergeben. Selbst wenn mir manchmal etwas gefehlt hat, ohne es genau auf den Punkt bringen zu können, habe ich auch keine Zeit gehabt, darüber zu lange nachzudenken, denn es passiert schon wieder genug Neues.

Blickt man mit dieser Ausgangslage nun noch schnell auf die Adaption für den TV-Bildschirm, dann darf man sicherlich hoffnungsfroh sein. Die Welt der Grishas bietet jedenfalls genug faszinierende Elemente, die visuell umgesetzt sicherlich ein Highlight werden. Zudem kann eine Serie, die auch sicherlich nicht nur auf eine Staffel beschränkt sein will, die fehlenden Zwischenmomente vielleicht wieder bieten. Da die Autorin selbst an der Produktion beteiligt gewesen ist, müsste man sich auch nichts aus den Fingern saugen, denn sie dürfte ihre Welt und Figuren kennen.

Fazit: "Goldene Flammen" ist als Auftaktband einer neuen Fantasyreihe durchaus gelungen, denn man merkt, dass die Darstellungen liebevoll durchdacht wurden. Trotz anfänglicher Probleme, sich inhaltlich einzufinden, wird das doch schnell aufgelöst und man kann sich bedenkenlos auf das Lesevergnügen einlassen. Dabei wird viel Spannung, viele Wendungen, aber leider auch fehlende Konsequenz in einigen Bereichen geboten. Das Interesse ist in der Summe angeheizt und ist angesichts der angekündigten Serienadaption und den noch genug zu entdecken Büchern von Bardugo auch für die Zukunft gesichert.