Rezension

Licht und Schatten ...

Wheel of Time 14. A Memory of Light - Robert Jordan, Brandon Sanderson

A Memory of Light
von Robert Jordan Brandon Sanderson

Bewertet mit 3 Sternen

… ein Drama in 14 Akten.

13 Jahre, 14 Bücher (37 in der deutschen Ausgabe) und gefühlt eine Million Charaktere; Robert Jordans Fantasy-Zyklus The Wheel of Time kann getrost als „episch“ bezeichnet werden. Dieser Band nun ist der Abschluss. Doch es hätte auch anders kommen können.

Denn Robert Jordan erkrankte schwer und verstarb 2007 noch vor der Fertigstellung seines Großprojekts. Doch er hatte vorgesorgt: auf der Basis umfangreicher Aufzeichnungen und in enger Zusammenarbeit mit Jordans Witwe war es an Fantasy-Autor Brandon Sanderson, The Wheel of Time zu vollenden. So übernahm er die 'Regie' bei den letzten drei Bänden The Gathering Storm, Towers of Midnight und eben A Memory of Light.

Nun also der mit Spannung erwartete Abschluss einer Geschichte von wahrhaft gigantischen Ausmaßen. Die Erwartungshaltungen sind natürlich hoch. Kann das Finale diese erfüllen, Handlungsstränge befriedigend abschließen, Fragen beantworten? Ein zufriedenstellendes Ende für eine langlaufende Serie zu finden, ist eine Herausforderung, ob als Buch oder Fernsehserie (wie man es nicht machen sollte, hat zum Beispiel Akte X eindrucksvoll demonstriert).

Eines lässt sich direkt sagen: als Geschichte an sich ist es durchaus gelungen. A Memory of Light, ebenso wie die beiden vorhergehenden Bände, hat Tempo und Spannung, reißt mit. Das Buch hat mich als erstes seit längerer Zeit mal wieder dazu gebracht, eine Nacht durchzulesen. Besonders „The Last Battle“, das zentrale Kapitel – welches an sich schon Novellenlänge hat – glänzt mit einer erzählerischen Wucht, die der Geschichte absolut gerecht wird. Gebannt verfolgt man als Leser den Verlauf der Schlacht, das Kräftemessen zwischen Mat Cauthon und dem Heerführer der Verlorenen, die Finten und Taktik zweier ebenbürtiger Gegner. Geschickt werfen Jordan und Sanderson immer wieder das Licht auf eine andere Schlachtszene, bauen kontinuierlich Spannung bis zum Ausgang auf und spicken das Geschehen mit ein paar wirklich guten Ideen. Teilweise parallel dazu verläuft der eigentliche Showdown am Shayol Ghul zwischen Rand al‘ Thor und dem „Dark One“.

Ein rundum gelungenes Finale also? Die Frage muss ich mit einem großen „Jein“ beantworten. Denn ebenso wie A Memory of Light die Stärken der Reihe hervorragend in Szene setzt, kommen hier auch die Schwächen zusammen. Vielleicht war dies angesichts von 13 vorangehenden Teilen zu erwarten; dennoch ist es ärgerlich, wie Jordans 'Versäumnisse' der letzten Jahre der Reihe nun in den Hintern beißen.

Denn im Laufe der Romane wurde The Wheel of Time eine mitunter zähe, unübersichtliche Angelegenheit. Jordan verzettelte sich in zu vielen Handlungssträngen, führte – in meinen Augen unnötige – neue Charaktere ein, statt sich auf sein ohnehin schon großes und durchaus interessantes Ensemble zu konzentrieren. Irgendwann wurde es unübersichtlich, zumal bei Jordan kaum eine Figur einmal das Zeitliche segnet oder lange tot bleibt. Game-of-Thrones-Fans mögen da müde lächeln, doch auch wenn man nicht wie George Martin gnadenlos die Sense schwingt, sollten zwei Jahre Krieg, Intrigen und Attentate vielleicht doch mal für etwas mehr Auslese sorgen.
Die Menge an Charakteren und Story-Elementen schließlich ist für mich die Hauptursache dafür, dass A Memory of Light emotionale Tiefe und die schlussendliche Befriedigung abgehen. Zu berechenbar wirken nun mehr oder weniger tragische Heldentode (wir haben halten Entscheidungsschlacht) und der Zyniker in mir stößt eine kleines „Na, endlich“ aus … Andere Figuren und Handlungsstränge werden zudem recht kurz abgefrühstückt, weil man sie eben nicht ganz weglassen kann, was aber angesichts des vorher betriebenen Aufwandes schlicht antiklimaktisch ist, nach dem Motto „Stimmt, da war ja noch was“.

Und so bleibt am Ende zwar ein unterhaltsames, spannendes Buch, aber auch der Beigeschmack verschwendeten Potenzials. Weniger wäre hier wirklich einmal mehr gewesen, und diese Binsenweisheit bestätigt A Memory of Light leider.

Der ärgerlichste Aspekt allerdings: nimmt man es genau, ist dieses Buch nicht mal ein richtiger Abschluss. Denn Jordan/Sanderson schaffen es tatsächlich, ein paar lose Enden nicht nur herumliegen, sondern noch entstehen zu lassen, die unter normalen Umständen sämtliche Fortsetzungs-Alarmglocken läuten ließen. Diese Baustellen noch aufzumachen ist umso unnötiger, da es eine solche Fortsetzung wohl kaum geben dürfte. So verwehrt Jordan seinem Werk einen wirklichen Schlusspunkt.
Was den finalen Twist angeht, so muss jeder selbst zwischen "super" und "blöd" entscheiden. Ich tendiere zu Letzterem, wobei ich aus spoilertechnischen Gründen lieber nicht mehr dazu sage.

Jordans Saga, vom ersten bis zum letzten Band, vereint – wie passend – also Licht und Schatten. Epik, Dramatik und Spannung treffen auf Überfrachtung und Ballast. Doch bei aller Kritik sollte nicht vergessen werden: ich bin drangeblieben, statt irgendwann bei Wikipedia zu lesen, wie es ausgeht. Insofern überwiegt also das Licht.
Neueinsteiger sollten allerdings langen Atem mitbringen. ;)

Kommentare

Ben Sonntag kommentierte am 08. August 2013 um 09:51

Eine kleine Korrektur meinerseits: Da der erste Band The Eye of the World im Original 1990 erschien, muss es oben natürlich "23 Jahre" heißen.