Rezension

Licht in der Dunkelheit

Junge mit schwarzem Hahn -

Junge mit schwarzem Hahn
von Stefanie vor Schulte

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

In einer dunklen, unbestimmten Vergangenheit wächst der kleine Martin in einem Dorf auf, von dessen Bewohnern er verachtet und gemieden wird. Sein bester und treuester Freund ist ein schwarzer Hahn, den er stets mit sich herumträgt. Trotz der großen Last, die auf Martins Schultern liegt, ist er zu jeder Zeit klug, einfühlsam und liebenswürdig. Er behandelt die Menschen besser als sie es verdienen. 

Eines Tages wird Martin Zeuge, als ein dunkler Reiter ein Mädchen aus seiner Mutter entreißt und mit ihm verschwindet. Solche Vorfälle gibt es immer wieder. Die Geschichte vom Reiter ist eine Legende, ein Rätsel, zu dem niemand die Antwort kennt.

Als ein freundlicher Maler auftaucht, ergreift Martin die Gelegenheit und verlässt seine engstirnige Heimat, um in die Welt hinauszuziehen und vielleicht das Geheimnis des Reiters lüften zu können.

Meine Meinung: 

Auf „Junge mit schwarzem Hahn“ von Stefanie vor Schulte bin ich in erster Linie aufmerksam geworden, weil ich quasi jede Diogenes Neuerscheinung unter die Lupe nehme, und zweitens weil die ersten Rezensionen so unglaublich gut klangen. Und nachdem ich die Geschichte nun selbst gelesen habe, kann ich sagen: Absolut zurecht!

Es ist ein Buch, wie ich es zuvor in dieser Form noch nie gelesen habe. Vielleicht könnte auf den ersten Blick der Eindruck entstehen, dass man es hier mit einem historischen Roman zu tun hat. Das ist dieses Buch meiner Meinung nach auf gar keinen Fall. Die Zeit und Gesellschaft, in der es spielt wirkt mittelalterlich, bleibt aber wage. Geschichtliche Eckpunkte sind für den Inhalt auch nicht relevant. 

An anderer Stelle habe ich gelesen, bei „Junge mit schwarzem Hahn“ handele es sich um ein dunkles Märchen und ich finde, das trifft es ziemlich gut. Die Sprache ist einfach und doch poetisch. Der Text hat etwas Erzählerisches an sich, als könnte jemand die Geschichte an einem dunklen Herbstabend in einer Lagerfeuerrunde zum Besten gegeben haben. 

Die Welt, die Stefanie vor Schulte beschreibt, ist grau und teilweise schonungslos brutal. Martins Freundlichkeit ist ein Lichtkegel in Mitten all dieser Dunkelheit. Die Art und Weise, wie er mit Verstand und einem guten Herzen die größten Widrigkeiten überwindet, macht ihn zu einem wahren Helden. „Junge mit schwarzem Hahn“ ist also nicht nur ein Märchen, sondern auch eine Heldengeschichte. Noch viel mehr halte ich das Buch allerdings für eine Erzählung, die durch Metaphern und Sprachbilder, eine zeitlose Form der Kritik an der menschlichen Gesellschaft zum Ausdruck bringt. Der Text hat einen doppelten und dreifachen Boden. Man kann ihn unglaublich gut diskutieren. Beim Lesen hatte ich immer wieder das Bedürfnis ein paar Seiten zurückzublättern und nochmal zu evaluieren, was ich da jetzt eigentlich gelesen habe und was in letzter Konsequenz damit gemeint gewesen sein könnte. Diese Tatsache macht „Junge mit schwarzem Hahn“ auch zu einem Buch, das man nochmal und nochmal lesen kann. Am liebsten hätte ich immer wieder von vorne angefangen, weil ich den Eindruck hatte, dass ich noch nicht alles vollständig erfasst habe. Obwohl das Buch so dünn ist, steckt also wahnsinnig viel Inhalt im Text das. Das fand ich in dieser Form absolut faszinierend. Man kann die Geschichte schnell verschlingen, man kann sie aber auch langsam und mit Bedacht lesen, weil sie genug Stoff zum Nachdenken bietet. Unabhängig von aller Interpretation, ist Martin außerdem einfach ein anrührender Protagonist, den man nur in sein Herz schließen kann.

Fazit:
„Junge mit schwarzem Hahn“ hat mich fasziniert und begeistert. Ich finde die Geschichte absolut außergewöhnlich, etwas Vergleichbares habe ich so noch nicht gelesen. Besonders empfehlenswert ist das Buch auch für Leserunden und Buchclubs, denn man kann es wunderbar diskutieren, wie ich finde.