Rezension

leider etwas enttäuscht

Schweig! -

Schweig!
von Judith Merchant

Ungesunde Familienbande

Der Tag vor Heiligabend. Zwei Schwestern. Die eine mit perfekter Familie und mit Vorbereitungen für Weihnachten beschäftigt und die andere geschieden, labil und allein in ihrem Haus im Wald.
Esther, als die ältere Schwester, fühlt sich seit der Kindheit für ihre jüngere Schwester Sue verantwortlich. Und seit dem „Ereignis“ am letzten Weihnachtsfest, ist klar: Sue braucht Hilfe. Und so macht sich Esther zu einem Besuch auf. Doch Sue ist darüber alles andere als begeistert und löst damit bei ihrer Schwester alle Alarmglocken aus.
Im Verlauf des Romans wird allerdings deutlich, dass nicht immer alles so ist, wie es zu Anfang scheint.

Judith Merchant lässt uns die Handlung aus der Sicht beider Schwestern erleben. So bekommt man zwei völlig unterschiedliche Sichtweisen von der Handlung. Esther und Sue sprechen das erste Mal in ihrem Leben wirklich miteinander und dem Leser wird nach und nach klar, wie gestört und schädlich ihre Beziehung ist. Und das schon seit der Kindheit. 

Es ist schwierig, mehr über diese Beziehung und den Schwestern  zu schreiben ohne zu viel von der Story zu verraten. Denn gerade dieses Gespräch, bei dem nach und nach mehr aufgedeckt wird, hat für mich den größten Reiz ausgeübt. Für mich war dieser Teil ein richtiger Pageturner. 
Der Anfang des Buches, nur aus Esthers Sicht, hat mir nicht ganz so gut gefallen. Der ganze Weihnachtsstress, Tannenbaum, Geschenke, Ehemann und Kinder war ein bisschen zu viel und fast  anstrengend zu lesen. Erst im Verlauf der Handlung wird klar, warum die Autorin sich dafür so viel Zeit genommen hat. Denn auch Weihnachten, Esthers Familie und besonders ihr Ehemann Martin spielen noch eine wichtige Rolle.

Das letzte Drittel des Romans hat mich dann allerdings ziemlich enttäuscht. Die Ereignisse haben irgendwie einen absurden übertriebenen  Verlauf genommen, den ich nicht so ganz nachvollziehen konnte. Ich war sogar relativ genervt von den Protagonisten. Schade.
Auch würde ich „Schweig!“ nicht als Thriller bezeichnen. Die Angabe aus der Buchbeschreibung „intensives Kammerspiel um eine toxische Beziehung ...“ trifft es dagegen ziemlich gut.