Rezension

Krimi mit ernstem Hintergrund

Todesengel im Viertel -

Todesengel im Viertel
von Cord Buch

Bewertet mit 4 Sternen

Eine Mordserie in Hamburg oder: ewig dürstet die Geranie...

Cord Buch hat sich mit seinem 4. Krimi um Werner Jensen und Wiebke Maurer (herzlichen Glückwunsch zur Beförderung, Frau Maurer!) an ein sehr sensibles Thema gewagt. Auf St. Pauli geschehen mehrere Frauenmorde: eine wird vergiftet vor einer katholischen Kirche abgelegt, die zweite findet man verbrannt vor einer Freikirche und eine dritte ist gesteinigt und wird vor einer Moschee gefunden (ich verrate hier nichts, es steht im Klappentext!). Frauenhasser? Religiöser Wahn? Zuhälterkrieg?

Auch die Journalistin Nele betreibt mit ihrer Freundin eigene Nachforschungen, da Birte die erste Tote kannte und sie selbst hatte die dritte Tote interviewt...

Für mich war es das dritte Buch dieser Reihe (aber man kann sie alle einzeln lesen, die Fälle sind in sich abgeschlossen), so dass ich mich gleich wieder heimisch in Neles Küche fühlte...

Der Autor zeigt uns ein Stück Hamburg außerhalb der Touristenströme und beschreibt das Leben im „Viertel“ (Schanzenviertel) sehr authentisch – der Staatsanwalt zu Werner: „Sie kennen sich da aus, sind sozusagen der Experte für das Viertel.“ (S. 6)

Doch die Ermittlungen sind zäh, Werner und Wiebke treten auf der Stelle, die Zeugen mauern – doch dann gibt es eine Wendung... aber mehr wird hier nicht verraten!

Mich haben die ausführlichen Recherchen des Autors zum Thema „Frauenhass“ sehr beeindruckt: er zitiert aus religiösen Schriften, wie z.B. das Buch Jesus Sirach (nicht Teil der Bibel) oder aus einem Hadith (nicht Teil des Korans), Wiebke äußert sich dazu: „Alte religiöse Texte waren das. Von Leuten, die noch immer daran zu glauben scheinen. Die Frau als Untertan des Mannes und solche Geschichten.“ (S. 72) Oder an anderer Stelle; „Ein Herr Breivik schreibt, dass im antiweiblichen Geschlechterkampf selbst die Tötung von Frauen eingeschlossen ist.“ (S. 146) („Herr Breivik“ ist Anders Behring Breivik, der 2011 in Oslo und auf der Insel Utoya 77 Menschen ermordet hat). Auch Blogs der Männerrechtsbewegung, Men's Liberation oder von den Maskulinisten werden erwähnt (die Zitate immer kursiv geschrieben, deshalb gut erkennbar).

Das alles hat Herr Buch sehr geschickt in die laufenden Ermittlungen eingefügt, so dass wir Leser immer wieder in Zweifel geraten, wer wohl für die Frauenmorde verantwortlich ist – ich kann versprechen: es bleibt bis zum großen „Show-Down“ sehr spannend!

Und nun ein Wort zur im Titel dieser Rezension erwähnten Geranie: sie taucht in allen Büchern von Cord Buch auf, sie steht bei Nele auf der Fensterbank und hat sich mittlerweile zum „running gag“ entwickelt. Nie wird sie gegossen, aber diesmal bekommt sie eine Wasser-Notration von einer vollkommen unerwarteten Seite und wird sogar umgetopft – aber sie ahnt bereits ihr Schicksal, sie wird wieder ignoriert werden... Aber ich liebe sie und warte jedes Mal auf ihre Erwähnung!

Mir hat der Roman wieder sehr gut gefallen, äußerst interessant. Ich finde beeindruckend, dass sich ein Autor in einem Krimi mit dem Thema Femizide beschäftigt (er geht zu dem Thema auch in seinem Nachwort ein) – Chapeau, Herr Buch! Ich empfehle dieses Buch sehr gern weiter und hoffe, dass es viele Leser*innen findet!