Rezension

Kratzt an der Oberfläche

Mädchen, Frau etc.
von Bernardine Evaristo

Bewertet mit 3 Sternen

Das Booker Prize Gewinnerbuch 2019, das lässt aufmerken, uns zum Buch greifen und dann mal wieder feststellen, dass Geschmäcker verschieden sind.

Es ist ein Episodenroman, der sich viel vorgenommen hat. Man blickt in das Leben von zahlreichen schwarzen Frauen, deren Geschichten locker miteinander verknüpft sind und die einen repräsentativen Querschnitt durch die Bevölkerung bilden.

An Dramatik wird dabei nicht gespart, es ist ein Buch mit vielen Extras. So reicht es zum Beispiel nicht, wenn Winsome ihren Mann verliert. Das Drama wird zur Tragödie, indem sie sich anschließend mit ihrem Schwiegersohn tröstet.

Wir erleben Rassismus in allen Spielarten, beschäftigen uns mit feministischen Problemen oder auch mit sexuellen Identitäten, ein bisschen von allem. Lauter wichtige Themen werden hier angekratzt, aber nicht verarbeitet. Das Buch ist planvoll komponiert, wirkt aber eher aufzählend als erzählend. Ein Lebenslauf nach dem anderen wird präsentiert, ein Problem nach dem anderen aufgezeigt, in die Tiefe geht es nicht. Es ist ein Potpourri angesagter Themen, ein bisschen was zum Probleme naschen, bei dem man trotz zahlreichem Personal niemandem nahekommt.  

Ein Plus ist der Erzählstil, originell, kunstvoll, frech, wenn auch oft mit recht prätentiösen Spitzen.

„Ich bin die Hohepriesterin des beruflichen Durchhaltens geworden, in der Kapelle der gesellschaftlichen Veränderung predige ich von der Kanzel der Politisch Unsichtbaren zur Gemeinde der An-den-Rand-Gedrängten und Längst-Bekehrten“

Der rote Faden des Ganzen soll eine Theaterpremiere sein, bei der sich dann letztendlich alle treffen, aber auch das ist eine schöne Idee, die nicht zündet.

Dieses Buch will viel, kratzt aber eigentlich nur an der Oberfläche des eigenen Anspruchs. Ich hätte deutlich mehr von einem preisgekrönten Buch erwartet.