Rezension

Köstlicher Humor

Meter pro Sekunde
von Stine Pilgaard

Bewertet mit 4 Sternen

Dolph zieht mit Baby und Lebensgefährten von der Stadt aufs Land. Hier in West-Jüdland ticken die Uhren anders. Hier sagt man nicht viel und wenn, dann bitte nur kurze Sätze. Hier kennt jeder jeden, sie wohnen auf dem Gelände des Internats für Jugendliche, wo ihr LG als Lehrer arbeitet. Sie selbst lässt sich den Job als Kummerkastentante aufschwatzen.

Es passiert nicht viel, einen Großteil der Geschichte nehmen die Fahrstunden von Dolph ein, irgendwann gibt die Fahrlehrerin Mona auf und verweist an einen anderen Fahrlehrer, den der Leser als Parkplatzpeter kennenlernt. Nach unzähligen Fahrstunden fragt sie ihn „Wirst du mich vermissen, wenn ich irgendwann die Prüfung schaffe ?„ Er antwortet “Ja, man gewöhnt sich an alles.„ Die Fahrstunden nehmen irgendwann so ein Ausmaß an, dass eine Mitarbeiterin der örtlichen Bank wegen der vielen Überweisungen vermutet, dass Dolph erpresst wird.

Die Kummerkastenbriefe wechseln zwischen lustig und langweilig, Dolph antwortet jedes Mal so, als wären die Probleme der Menschen, die sich an sie wenden, Schwierigkeiten mit denen jeder früher oder später zu kämpfen hat und daher nicht wirkliche Probleme sind.

Dieses Buch war in Dänemark ein großer Verlaufsschlager der letzten Jahre, daher waren meine Erwartungen entsprechend hoch, sind aber eher enttäuscht worden. Ich bin hin- und hergerissen wie ich das Buch bewerten soll, da die Story eher belanglos ist und es keinen roten Faden in der Geschichte gibt, auch konnte ich zu keinem der Protagonisten eine Beziehung aufbauen. Der Humor und der Wortwitz sind hingegen unschlagbar. Ich habe beim Lesen laut gelacht, was mir im Zug verwunderte Blicke einiger Mitreisender eingebracht hat. Hier einige Kostproben:

Seite 13

Die Leiterin der Heimvorlkshochschule klopft dreimal in rascher Folge und öffnet die Haustür dann selbst. So machen wir das hier draußen sagt sie, ich sehe überrascht aus. Hat denn niemand in Velling Sex, frage ich, schaut Pornos oder onaniert, dreimal klopfen, so schnell kriegt doch keiner die Hose wieder hoch. Die Leute finden Mittel und Wege sagt die Schulleiterin und nimmt zwei Tassen aus dem Schrank.

Seite 26

Ach, es geht ja so schnell, sagt Maj-Britt, kaum hat man bis drei gezählt, schon kommen sie in den Kindergarten. Ich sage, wirklich Wahnsinn, wie schnell die wachsen, wenn man dran denkt, dass es nur zehn bis fünfzehn Minuten gedauert hat, sie zustande zu bringen. Vielleicht eine halbe Stunde, grinse ich, wenn die Wellen hochgehen.

Seite 47

Die meisten Leute helfen gern, und das ist besonders befriedigend, wenn es zu etwas führt. Es geht hier zwar nicht um mich, aber ich kann die Gesundheitsberaterin meines Sohnes ziemlich gut leiden, sie ist ein Mensch, der einem viel Anerkennung vermittelt. Als sie uns am Tag nach der Geburt zum ersten Mal besuchte, sagte sie freundlich, ein Kind zu kriegen, ist eine existenzielle Krise. Wenn ihr bei irgendetwas unsicher seid, ruft mich einfach an. Auf dieses Angebot bin ich mehrmals zurückgekommen und egal, was ich fragte, jedes Mal räusperte sie sich kurz und sagte, alle Kinder sind eben verschieden. Anfangs wartete ich dann ein wenig, weil ich das für eine Art Intro hielt, auf die die eigentliche Antwort folgen würde, doch dann stellte ich fest, die Bemerkung war sowohl Einleitung, die Erklärung und die Abmoderation.

Seite 128

Liebe Naive, frag dich nicht, wen du heiraten würdest, frage dich von wem du dir vorstellen könntest geschieden zu werden. Ich denke an das ganze Package, zerstörte Träume, Paartherapie, Umzugskartons, Familiengericht. Würde er sagen, ja nimm du ruhig das Sofa, es hat dir doch immer so gut gefallen oder fällt er wütend mit einer Kettensäge darüber her. Lässt er die Kinder in zwei Reihen antreten und besteht darauf als erster zu wählen. Zu was für einer Anekdote wird er werden.

Seite 132

Wie bringt man ein Kleinkind zum schlafen, wie früh sind Persönlichkeitsstörungen erkennbar. Wir tauschten offenherzig unsere Rachefantasien aus. Wie wir in sechzehn Jahren unseren Sohn mit großen Gongschlägen wecken würden, wenn er seinen Rausch ausschlief. Wie wir Trompete spielen würden, nachdem er die ganze Nacht gegamt hatte. Aus reiner Bosheit wünschten wir ihm ein gesundes Kind was nie schlief.

Seite 218

Der Fahrprüfer naht, siebenundachtzig Fahrstunden sagt er. Dafür kann sie etwas, das wir beide nicht können, sagt Parkplatzpeter. Er berichtet, dass ich zwischen zwei Fahrstunden ein Kind zur Welt gebracht habe, was in der Gesamtwertung berücksichtigt werden müsse und null Fehler in der Theorie, preist Parkplatzpeter mich an, als ob er mich auf dem Basar verkaufen müsse.

Da ich keine 3,5 Sterne vergeben kann, gebe ich wegen des Humos 4 Sterne.