Rezension

knallharter Thriller

Der Spiegelmann -

Der Spiegelmann
von Lars Kepler

Bewertet mit 4.5 Sternen

~~Beim "Spiegelmann" handelt es sich um den 8.ten Teil der Krimireihe um den Kommissar Joona Linna. In diese Reihe Quereinzusteigen ist möglich aber wer Wert darauf legt, die Ermittler näher kennenzulernen und richtig einzutauchen in dieses Universum, der sollte das nicht tun. Tatsächlich ist so viel geschehen die letzten Jahre - man denke nur daran, dass im letzten Band sehr Dramatisches mit Joonas Kollegin Saga passiert ist - Joona und seine Tochter deshalb ein schwer gestörtes Verhältnis haben und tatsächlich der Hypnotiseur von Band eins wieder eine Rolle spielt. Also für Fans der Reihe ein Genuss, alle anderen werden da etwas allein gelassen. Außerdem hier noch eine explizite Warnung für alle Leser. DIeser Krimi/Thriller ist nichts für zarte Gemüter. Die Grausamkeiten gegen die Opfer sind so fürchterlich, dass es wirklich kaum erträglich ist. Ich bin nicht zartbesaitet und von anderen Autoren wie Chris Carter schon einiges gewohnt. Aber es ist echt heftig, was der Spiegelmann und seine Handlanger so treiben.

Grob gesagt geht es um Menschenraub, Vergewaltigung, psychische und physische Folter, Verstümmelung und Mord. Die Opfer sind junge Mädchen und was sie teilweise über Jahre erdulden müssen, kann man sich kaum vorstellen. Das Autorenduo Lars Kepler hat ein paar Lieblingsversatzstücke, die es oft in seinen Krimis verwendet. Dass Menschen lange irgendwo festgehalten werden und die Täter über Jahre unentdeckt mitten in der Bevölkerung agieren, aber auch die starke psychologische Komponente spielen oft eine große Rolle. Und ich gebe zu, dass es auch immer ein paar kleine oder grobe Übertreibungen gibt und Geschehnisse, die unrealistisch oder sogar völliger Unsinn sind. In anderen Büchern ärgere ich mich über so etwas oft sehr und eigentlich führen solche Dinge bei mir schnell dazu, dass ich Bücher abbreche oder zumindest große Abzüge in meiner Bewertung gebe. ABER bei Lars Kepler, da ist mir das ziemlich egal. Das hat ein paar gewichtige Gründe. Zum einen finde ich es Klasse, wie die Darsteller in Szene gesetzt werden, wie die Autoren in die Seele der Menschen eintauchen und deren Empfindungen, Gefühle und Gedanken oft mit ganz wenigen Worten sehr treffend und plastisch beschreiben. Dabei werden Helden, Opfer und Täter gleichermaßen beleuchtet und der Thrill erhält dadurch eine so intensive Note, dass man von der ersten Seite an mitfiebert. Der Spannungsbogen ist extrem hoch und flaut zu keiner Sekunde ab und der Showdown war dieses Mal wirklich sehr gut austariert. Beim letzten Buch ging mir alles etwas holter di polter. Dieses Mal war es genau richtig und auch genau die richtige Mischung zwischen Action, Drama und gutem Ende. Auch die Überraschung, wer denn nun wirklich der Spiegelmann ist, ist bei mir gut gelungen und die falschen Fährten und ungeahnten Wendungen waren schlau und durchdacht, das gab es keine losen Enden am Schluss. Und Joona ist mir wirklich ans Herz gewachsen. Seine empathische und ganz unaufgeregte Art erdet den Leser und auch die Menschen, die seine Hilfe brauchen.

Fazit: Wer starke, harte Krimikost sucht ist hier genau richtig. Der Plot ist nicht wirklich neu aber er lebt vor allem von den facettenreichen Charakteren und ist megaspannend. Für die Unebenheiten ziehe ich ein kleines Pünktchen ab und bin sehr zufrieden mit dem neuen Lars-Kepler-Krimi.