Rezension

Kamtschatka

Das Verschwinden der Erde
von Julia Phillips

Bewertet mit 3 Sternen

Zwei kleine Mädchen, 11 und 8 Jahre alt, verschwinden an einem ruhigen Sommertag auf der Halbinsel Kamtschatka wie vom Erdboden.

Soweit die Prämisse von Julia Philipps Debütroman „Das Verschwinden der Erde“, welcher in den USA hochgelobt wurde und z. B. auf der Shortlist des National Book Award 2019 stand.

Das mutmaßliche Verbrechen an den Schwestern beschäftigt die Bewohner der Halbinsel, ruft großes Unbehagen und Verunsicherung hervor und Kapitel um Kapitel fügt sich ein gesellschaftliches Puzzlespiel, bei dem jeweils eine andere Frau im Fokus steht. Mit ihrem Roman wollte Philipps vor allem ein feministisches Statement abgeben. Es geht um Gewalt gegen Frauen, um deren gesellschaftlichen Druck und das Ausgegrenztsein aufgrund einer sozialen oder ethnischen Zugehörigkeit.

Das alles sind hehre Ziele und Julia Philipps Vorhaben gebührt Respekt, allerdings erfüllt sich ihre Absicht in meinen Augen nicht. Zu lose und beliebig sind die einzelnen Porträts verknüpft, in denen jeweils die verschwundenen Schwestern kurz erwähnt werden. Zu distanziert bleiben die Figuren und auch der außerordentliche Schauplatz konnte mich nicht durchgängig fesseln. Erst gegen Ende kommt wieder ein bisschen Spannung und Emotion auf.

Als Klammer der Erzählung dient die Entführung der Kinder und die Frauenschicksale wirken wie Kurzgeschichten, eingebettet in eine nicht ausgereifte Rahmenhandlung. Das alles ist zudem sehr trist und melancholisch, ohne einen Hoffnungsschimmer zu bergen, oder gar ein wenig Humor.

Ein schönes Vorhaben, mit perfektem Schauplatz, welches mich leider nicht wirklich überzeugen konnte.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 28. Februar 2021 um 18:30

Kann ich nachvollziehen. Ich habe wegen des Settings einen Punkt mehr veranschlagt.

Hast du das Interview mit der Autorin gelesen? Dann hättest du recht und sie wäre an ihrem Anspruch an sich selber gescheitert. Aber ohne dieses Interview kommt doch ziemlich viel Kamtschatkas Lebensgefühl rüber. Allerdings fand ich es auch recht deprimierend.

Dann war noch das 13te Kapitel. Das war wie die 13te Fee. Das fand ich einen guten Kunstgriff. Insofern mehr als 3 Punkte von mir.
 

Himmelfarb kommentierte am 14. März 2021 um 15:02

Ja, das Interview habe ich gelesen, und, ja, Kamtschatka ist ein toller Schauplatz mit großartiger Atmosphäre, aber das langt mir alles nicht. Aber, hej, es ist ein Debüt und nicht alle Debüts schlagen gleich ein!

Das 13. Kapitel war eine super Idee!