Rezension

Höchst detailreicher Krimi

Vertrauen -

Vertrauen
von Dror Mishani

Bewertet mit 3 Sternen

Dies ist das vierte Buch, in dem Inspektor Avi Avraham ermittelt. Von Dror Mishani hatte ich bislang nur „Drei“ gelesen und wusste nicht, dass es sich um eine Krimireihe handelt. Das ist ein klein wenig desillusionierend, aber nicht der Fehler dieses Buches per se. Dieses Buch ist ein waschechter Krimi, das sollte man wissen.

Avi Avraham bekommt an einem Tag direkt zwei neue Fälle auf den Tisch. Ein Baby wird vor einem Krankenhaus in einer Tasche gefunden und ist mehr tot als lebendig. Und ein Hotel vermisst einen Hotelgast. Geht es mit rechten Dingen zu, wenn jemand morgens sein Hotel verlässt und nachmittags „Verwandte“ seine Rechnung begleichen und das Gepäck abholen?

Die Qualität dieses Krimis liegt in der Personenzeichnung. Hier ermittelt jemand mit Herz und einem Gewissen, der sogar eine glückliche Ehe führt. Auch sein Team ist engagiert und bemüht, die Menschen zu sehen, mit denen sie zu tun haben, nicht nur den Fall.

Es fängt harmlos an und steigert sich nach und nach zu einem verzwickten Knäuel von Beziehungen und Zusammenhängen. Man folgt mehreren falschen Fährten, erlebt Überraschungen und bekommt auch eine ordentliche Prise israelisches Lebensgefühl mit auf den Weg.

Allerdings macht dieses Buch auch alles, weswegen ich Krimis nicht leiden kann: Es wird ermittelt, verhört, befragt, Erkenntnisse resümiert und verglichen und das ausführlich und detailverliebt. Ein Wust an Namen und Befindlichkeiten ist zu verarbeiten, zahlreiche Schlenker zu verdauen. Es ist alles sehr spitzfindig, aber auch sehr anstrengend.

Bestimmt ist dieses Buch ein besonderer Leckerbissen für Krimifans, die es knifflig mögen. Für mich war es ein zäher Ausflug nach Israel, dem eine Prise Humor gut gestanden hätte.

Kommentare

Himmelfarb kommentierte am 27. April 2022 um 10:18

Oh ja, liebe Sursu, Humor hat sowas von gefehlt! Und das, obwohl wir es mit einem israelischen Autor zu tun haben, der doch sicher über jede Menge großartigen, jüdischen Humor verfügt.

Gebe Dir völlig Recht, mit der Unlust am Krimilesen. Ich kam mir bei dieser Lektüre sogar vor, wie in schlechten deutschen TV- Krimis, wo alle Erkenntnisse für den blöden Zuschauer immer und immer noch einmal beredet werden müssen! Danke für deine Rezi!