Rezension

Hinter den Fassaden.

Eine perfekte Ehe -

Eine perfekte Ehe
von Kimberly McCreight

Bewertet mit 3 Sternen

Kurzmeinung: Unblutig. Kann man lesen.Sympathische Ermittlerin - nur bisschen blass.

Die perfekte Ehe gibt es nicht. Oder doch?

Nachdem ich mich von meinem Wunsch oder meiner Vorstellung verabschiedet hatte, mit „Die perfekte Ehe“ einen ähnlich gestrickten Plot wie bei „Gone Girl“ von Gillian Flynn zu bekommen, was damals ein ziemlich abgefahrener Plot gewesen ist, habe ich an dem betulicheren Roman von Kimberley McCreight durchaus Lesevergnügen gefunden.

In einem wohlsituierten New Yorker Bezirk wird Amanda, die Ehefrau von Zach Grayson nach einer Party tot in ihrem Haus aufgefunden. Lizzie, die taffe Anwältin, erfährt durch ein Telefonat davon. Zack Grayson ist nämlich ein früherer Bekannter und braucht ihre Hilfe: man verdächtigt ihn des Mordes. Lizzie ist widerwillig, übernimmt den Fall dennoch.

Wie Lizzie den Fall löst und wie es um die Ehen der wohlhabenden Anwohner des Viertels wirklich bestellt ist, beides erfährt man auf den über 500 Seiten des Romans. Man gewinnt die Ermittlerin lieb, obwohl sie nicht großartig ausgeformt ist als Typ.

Die Autorin lässt sich Zeit, ihren Plot zu entwickeln und der Roman wirkt deshalb lange Zeit beschaulich, wenn nicht lahmarschig. Es wäre raffiniert gewesen, sie hätte das eine oder andere kleine Geheimnis mit den Lesern geteilt, die Leserschaft frühzeitig hinter die Fassaden blicken lassen, die anderen Protagonisten aber im Unklaren gelassen. Das ist es doch, was interessiert hätte, die Psychologie der Ehen. Die Autorin spart sich alles auf für ein Schlussfeuerwerk. Aber am Schluss interessiert nur noch die Auflösung, die Attraktivität der Nebenhandlungen, durchaus vorhanden gewesen, wird im Mittelteil liegengelassen. Merke: Schlussspurt ist nicht alles!

Man hätte auch nicht immer wissen müssen, was die Leute so für Klamotten anhaben, obwohl rote Turnschuhe dann doch eine Rolle spielten, und wie die Räume eingerichtet sind interessiert auch nicht brennend. Sei es drum. Alles in allem habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Ich mochte die Schreibweise im Großen und Ganzen, musste aber zähneknirschend duch den Phrasenmorast waden. Wenn doch diese Phrasendrescherei nicht so um sich griffe!

Falls ein paar weniger Hundert Luftschnapper (sie, er, es holten tief Luft) im Text gewesen wären, hätte ich einen Stern mehr gezückt. Merke: Phrasen brechen jedem Text den Rücken. Die Auflösung, obwohl akzeptabel, geht leider nicht ganz organisch aus dem Roman hervor. Die Autorin hätte sich vorher intensiver mit manchen Verhältnissen ihrer Protagonisten befassen sollen, die Geheimnistuerei führt einen zwar hinters Licht, ist aber langweilig.

Fazit: Im Prinzip eine solide Story. Aber was an Phrasen zu viel ist, ist an Charakterzeichnung zu wenig. Von Psychologie will ich erst gar nicht reden.

Kategorie: Kriminalroman
Droemerverlag, 2021