Rezension

Herzlich Willkommen in Gregs Welt

Ich und Earl und das sterbende Mädchen - Jesse Andrews

Ich und Earl und das sterbende Mädchen
von Jesse Andrews

Zum Inhalt:

Greg Gaines ist 17 Jahre alt und will vor allem eines: In der Schule, und auch im Allgemeinen, am besten nicht groß auffallen. Deswegen hat er mit den Jahren seine Überall-ein-wenig-aber-nirgendwo-so-richtig-zugehören-Taktik auch perfektioniert und schlägt sich ganz wacker. Er lebt ein normales Leben – na ja, so normal wie es bei seiner Familie halt möglich ist – und dreht mit seinem besten Freund Earl Filme, die niemand zu sehen kriegen soll. Mit seinem ruhigen, unauffälligen Leben ist es aber schon bald vorbei. Denn seine Mutter hält es für eine super Idee, dass Greg die nicht mehr vorhandene Freundschaft zu Rachel wieder aufwärmt, denn Rachel ist an Leukämie erkrankt. Weder bei Greg noch bei Rachel stößt dieses Vorhaben anfangs auf viel Zuspruch. Doch dann ändern sich die Dinge und Greg dreht zusammen mit Earl einen neuen Film mit dem Titel „Rachel – Der Film“.

Meine Meinung:

Ziemlich schnell wird klar, dass dieses Buch nicht die emotionale Geschichte ist, wie die Beschreibung auf dem Buchrücken und im Internet vielleicht vermuten lässt. Bereits auf Seite 9 weist Greg höchstselbst darauf hin und gibt dem Leser den Tipp, das Buch in die nächste Tonne zu treten und wegzurennen, falls man ein einfühlsames Buch über Freundschaft, Liebe und Tod erwartet, bei dem man vom ersten bis zum letzten Satz heulen könnte. Anfangs kann man diese Aussage noch für einen der vielen Späße und ironischen Anmerkung von Greg halten, dem ist aber nicht so. Mit der Zeit wird klar, dass Greg damit einfach nur die Wahrheit geschrieben hat.

“Earl ist inzwischen fast schon ein Familienmitglied: der kettenrauchende, vertikal benachteiligte Sohn, den mein Eltern nie hatten.”(Seite 69)

Obwohl Rachels Erkrankung zwar im Grunde das Hauptthema dieses Buches ist, steht sie zu keinem Zeitpunkt im Vordergrund. Greg nimmt den Leser vielmehr mit auf eine Rundreise durch sein Leben und dazu gehört ab einem bestimmten Punkt eben auch die Leukämie. Greg erklärt einem, wie man überall ein wenig, aber nirgends so richtig zugehören kann; ist sich nicht zu schade, seine gescheiterten Anmachtaktiken offen darzulegen; beschreibt schonungslos sein eigenes Familienleben und auch das seines besten Freundes Earl; schildert, warum er und seine Schwestern “Überraschungsjuden” sind: bringt dem Leser das Thema Leukämie in einem “Leukämie-Leitfaden eines Idioten” auf seine ganz eigene Art und Weise näher und hat noch einiges mehr in der Hinterhand. Langeweile? Ausgeschlossen! Lachen? Auf jeden Fall!

“Leukämieland ist nicht halb so beliebt wie Legoland.” (Seite 82)

Jesse Andrews einen wunderbar humorvollen Roman geschrieben. Die Tiefgründigkeit kann man zwischen den Zeilen aber dennoch gut wahrnehmen – auch wenn Greg dieser Umstand wahrscheinlich nicht besonders gefallen wird. Sehr gut gefallen hat mir zudem die innere Aufmachung des Buches. Immer mal wieder kommen, in bester Filme-Macher-Manier, Abschnitte vor, die wie ein Drehbuch aufgemacht sind. Diese und andere Stil-Unterbrechungen sorgen für eine gewisse Auflockerung während des Lesens.

»Ich meine, sie hat Krebs. Aber sie glaubt nicht, dass sie sterben wird, darum habe ich irgendwie ein schlechtes Gewissen, wenn wir zusammen sind, weil ich die ganze Zeit denke: Du stirbst du stirbst du stirbt du stirbst.« (Seite 138)

In seiner Danksagung bezeichnet Jesse Andrews sein Debüt als schräges kleines Buch. Und treffender kann ich es auch nicht beschreiben. Bei diesem Buch gibt es eigentlich nur schwarz oder weiß – Top oder Flop. Entweder man kommt mit Greg und seiner Geschichte klar oder eben nicht. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass ich Gregs verrückte Geschichte liebe!